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Friedrichsruh, 4. und 5. Dezember 1883.
Unterredungen mit dem Minister v. Mittnacht,
betreffend die Beziehungen zu Rußland und Frank-
reich, die Disziplin im preußischen Staatsmini-
sterium, den Kronprinzen, die Stellung des Reichs-
kanzlers, Bismarcks überlastung, Freydorfs Me-
moiren.“
Bismarck: „Ich bin überzeugt, daß auch Kaiser Alexan-
der den Frieden will. Merkwürdig sind nur die russischen
Generale, wie der, welcher in Paris auf das Bündnis zwischen
Rußland und Frankreich sein Glas zerbrochen und beigefügt
hat: Die Republik geniert uns nicht, Sie sind uns damit
nur vorangegangen, und Ignatieff, der in nicht offizieller
Stellung dem russischen Botschafter in Konstantinopel neu-
lich Instruktionen erteilt hat. Uebrigens haben weder Frank-
reich noch Rußland Verbündete. Wir sind Italiens derzeit
sicher und auch Spanien würde sich anschließen, wenn wir
das wollten. Die Monarchen fühlen, daß wir Stützen der
Monarchie sind, und die Differenzen der einzelnen Staaten
unter sich sind ein Kleines gegen den Kampf der Monarchie
gegen Republik und Revolution. Wir werden die Franzosen
unter keinen Umständen angreifen und kümmern uns um ihre
inneren Angelegenheiten nicht. Schließlich aber werden es
die Franzosen nicht lassen können, uns wieder anzufallen. Ir-
gend jemand, irgend eine Partei wird als letztes Mittel
den Krieg wagen, der aber den Franzosen übel bekommen
wird. — —
Der Kaiser hat doch immer zu mir gehalten, und seit man
im Staatsministerium weiß, daß aller Wahrscheinlichkeit nach
auf meinen Antrag jeder Minister entlassen wird, herrscht dort
eine Disziplin, wie sie vorher niemals bestanden hat. —
*) Nach Mittnachts „Bismarck-Erinnerungen“, neue Folge,
S. 31 ff.