— 402 —
selben sind keineswegs alle kurz und bestimmt. Viele sind nach
dem Muster geschrieben: einerseits könnte man . .. ander—
seits aber .. .. erwägt man sodann . . .., mit der Replik
wird immer das Vorhergegangene erstochen. Dazu kommen
Unterredungen mit Fürstlichkeiten. Es gibt hohe Herren, die
statt in das Theater zu gehen, sich den Reichskanzler kommen
lassen zu gleich dritthalbstündiger Unterredung, und dabei
muß man noch recht vorsichtig sein; die Herren sind leicht
verletzt; ein gutes Gedächtnis haben sie alle.
Der verstorbene badische Minister v. Freydorf hat Denk—
würdigkeiten hinterlassen, die der Veröffentlichung harren. Im
Allgemeinen habe ich gegen Memoirenwerke dieser Art manche
Bedenken. Was sie an Tatsachen beibringen, kann ja wert—
voll sein, im übrigen können sie auch zu ganz irrigen Vor-
stellungen verleiten. Nur zu häufig unterliegen die Verfasser
dem Bedürfnis, die eigenen Meinungen, die eigene Tätigkeit dem
tatsächlichen Gange der Ereignisse möglichst anzupassen, so daß
Zeitgenossen verwundert sich fragen müssen, wie es kommt,
daß sie den Verfasser so ganz anders im Gedächtnis haben.
Was von den Memoiren Freydorfs, der ein wohlmeinender
pflichteifriger Mann gewesen, bisher veröffentlicht wurde, ist
mir vorher mitgeteilt worden und nicht zu beanstanden ge-
wesen. Anderes, was Urteile über lebende Personen ent-
hielt, habe ich zu streichen geraten.“
1883.
Unterredung mit Professor Schweninger, betref-
fend die Ausfüllung von Bismarcks Mußestunden
im Ruhestande.“
Schweninger sprach mit Bidmarck über eine literarische
Tätigkeit, die er ergreifen könnte, falls er einmal aus dem
Dienst ausscheide.
1899 *) Nach der Veröffentlichung Schweningers zum 1. April