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ich nicht alles lesen, was ich zu unterschreiben habe, und
werde doch irgendwo einen Abschnitt machen müssen.“ Bismarck
besprach sodann eingehend die Erklärung, welche die König-
lich Sächsische Regierung im Bundesrate gegen die als Ziel
bezeichnete Errichtung eines verantwortlichen Reichsministeriums
am 24. März abgegeben hatte. „Die Anregung kam mir
ganz erwünscht und der sächsische Minister hätte sich noch
schärfer ausdrücken dürfen. Man darf keine Gelegenheit vor-
übergehen lassen, den Bundesrat zur Geltung zu bringen,
auch gegenüber etwaigen zentralistischen Neigungen späterer
Regierungen, eines liberalen schwächlichen Ministeriums. Die
gesetzgeberische Initiative im Reiche steht nach meiner An-
sicht, weder dem Kaiser nach dem Kanzler zu: der letztere
kann sie nur dadurch üben, daß er als Leiter der Geschäfte
des Bundesrates den Beschluß desselben provoziert, einen
Gesetzentwurf irgendwie — auch durch die Bundesratsaus-
schüsse — aufstellen zu lassen.“
Berlin, 1. April 1884.
Unterredung mit dem Minister v. Mittnacht, be-
treffend die Errichtung eines verantwortlichen
Reichsministeriums.“"
Als Mittnacht Bismarck zum Geburtstag gratulierte, sagte
ihm derselbe: „Ich werde morgen in Sachen der verant-
wortlichen Reichsministerien auch meinerseits eine Erklärung
im Bundesrate abgeben. Voraussichtlich werden sich sämt-
liche übrigen Regierungen derselben anschließen. Das wird
genügen; eines Bundesratsbeschlusses wird es nicht be-
dürfen.““)
*) Mittnacht, „Bismarck-Erinnerungen“, Neue Folge, S. 38.
“*) Vgl. mein Werk: „Fürst Bismarck und der Bundesrat",
Bd. V. S. 149.