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Berlin, 3. April 1884.
Unterredung mit dem Minister v. Mittnacht, be-
treffend die Haltung des Bundesrates gegen-
über der Frage der Errichtung eines verantwort-
lichen Reichsministeriums, den König v. Bayern,
Erinnerungen an 1366.“
Bismarck äußerte sich nicht ganz befriedigt über den Ver-
lauf der am Tage vorher stattgehabten Bundesratssitzung,
in welcher eine Besprechung über die Erklärung Sachsens,
betr. die Einrichtung eines verantwortlichen Reichsministeriums
stattgefunden hatte. Insbesondere hatte die Zurückhaltung
Bayerns ihm nicht gefallen. „Ich schreibe einen Danksagungs-
brief an den König von Bayern für dessen Glückwunsch zum
Geburtstage und frage mich, ob ich dem Briefe nicht die
preußische Erklärung beilegen solle; ich fürchte nur, der König
könnte darüber mit seinen Ministern auseinander kommen.
Er ist alles, nur nicht ultramontan. Wegen seiner finan-
ziellen Schwierigkeiten sollten sich die Minister an das Land
wenden, da die großen Ausgaben ja für Bauten gemacht
und am Ende auch nicht zu hoch sind. Im Jahre 1866 bin ich
gegen eine Vergrößerung Preußens in den fränkischen Fürsten-
tümern tätig gewesen und gegenüber dem Gedanken, die
Hälfte von Sachsen, Hannover und Hessen wegzunehmen, habe
ich den Standpunkt vertreten: entweder ganz oder gar nicht;
macht man es halb, so bekommt man nur einen verstümmelten
verbitterten Bundesgenossen. Um Hannover hat es mir leid
getan, es ist aber unmöglich gewesen, mit dem König Georg
zu leben. Durch die Ereignisse von 1866 hat Preußen aller-
dings ein großes Uebergewicht im Bunde erlangt, andern-
falls wäre aber vielleicht ein größerer Schaden in anderer
Richtung entstanden.“)
*) Mittnacht, „Bismarck-Erinnerungen“, Neue Folge, S. 39f.
"“) Die „ARheinisch-Westf. Post“ Nr. 85 vom 9. April 1884