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nennen müßten, sagen wir zwei Millionen, und ferner sechs
Millionen Slowenen. Dieser Sechsundzwanzig-Millionen-Op-
position wären die unbedingten Reichsfreunde, die ja überdies
unter sich gespalten sind, so wenig überlegen, daß der ganze
Bau auseinander fallen müßte.“
U.: „Nun, klerikale und nationale Leidenschaften werden
ja mit der Zeit von selbst abnehmen. . . .“
Bismarck: „Was eine späte Zukunft fördern mag, das
zu bedenken ist nicht Sache des Politikers, sondern des Ge-
schichtspropheten. Unwandelbares gibt es überhaupt nicht,
und speziell der Rahmen für die deutsche Nation und ihre
östlichen Nachbarvölker hat sich im Laufe der 1050 Jahre
seit Verdun mehrmals geändert. Das ist aber bloße Even-
tualität, wobei man hin und her kombinieren kann, ob sie
eintreffen wird oder nicht; darüber sollen sich die deutschen
Republikaner die Köpfe zerbrechen. Wir jetzt Lebenden und
unsere Enkel brauchen ein Oesterreich, ein starkes Oesterreich.
Es ist für Deutschland eine Machtvermehrung. Wenn
man uns in Oesterreich so lieb hat, so muß man, um auch
die Nichtdeutschen unserem Bündnisse zu erhalten, einen anderen
Weg einschlagen als den bisherigen. Man sollte zwischen
Deutsch und Slawisch nicht eine solche Scheidewand aufsteigen
lassen. Wenn schließlich einmal aus irgend einem Grunde
der Wind ins Schwenken kommt, so werden, wie die Dinge
jetzt stehen, sofort alle Slawen den Moment erfassen und
den Ausschlag gegen uns geben. Die Deutschen sollten sich
mit den Slawen besser stellen. Sie sehen, wie ich mich mit
den Russen stelle; man braucht ja deswegen noch nicht
die Monarchie zu spalten und die Wenzelskrone auf-
erstehen zu lassen; ein slavischer Staat zwischen Bayern
und Schlesien wäre uns entschieden unbehaglich. Aber
sonst sollten sie sich besser vertragen. Die Slawen haben
viel Unangenehmes, es ist immer ein. .. Beigeschmack dabei,
ich mag weder ihre Juchtenstiefel noch ihre Mondscheinwehmut,