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ist Transylvanien, und Oesterreich hätte einen leichten Weg,
um über die Russen herzufallen.
Die Russen mögen immerhin nach Konstantinopel mar—
schieren. Rußland würde sich mit dessen Besitz schwächen. An
der bulgarischen Frage liegt mir nichts, wenn der Krieg
darüber ausbricht, so wird Deutschland ruhig bleiben, solange
sich Frankreich nicht daran beteiligt. Nur die Haltung Frank—
reichs allein könnte Deutschland zwingen, die Waffen zu er-
greifen. Ich habe volles Vertrauen zu den beiden befreundeten
Mächten, und zweifle nicht einen Augenblick an der Loyali-
tät Oesterreichs. Die Allianz mit Italien und Deutschland
ist in Oesterreich populär. Ein Einvernehmen mit Rußland
würde dort schlecht aufgenommen werden und eine Verein-
barung, die auf den Krieg hinzielte, scheint unmöglich.“
Auf dies hin setzte Crispi die politische Lage Italiens
gegenüber den anderen Staaten auseinander. „Die italienische
Armee ist stark genug, um die Pflichten, die sie den beiden
Alliierten gegenüber übernommen hat, auszuführen. Unser
Staat ist ruhig, und wenn vom Auslande ein Angriff erfolgte,
so würden alle sozialen Klassen an der Verteidigung des Terri-
toriums mitwirken. Wir können nicht zugeben, daß wir an der
Orientfrage kein Interesse haben, wir können nicht zugeben,
daß Rußland nach Konstantinopel geht. Rußland in Kon-
stantinopel, wäre der Herr des Mittelländischen Meeres. Es
würde ihm diese Aufgabe leicht werden, wegen der Schiffe,
welche Griechenland, mit dem es durch religiöse Bande ver-
bunden ist, bietet. Ich glaube nicht, daß Rußland sich durch
den Besitz von Konstantinopel schwächen würde. Die große
Macht würde dadurch vielmehr ihre Herrschaft in Europa
vermehren, und hätte dadurch eine Basis gewonnen, um sowohl
Europa als Asien gegenüber Stellung zu nehmen. Um dies
zu verhindern, verfolgt Italien seine traditionelle Politik. Im
Jahre 1854 nahm Cavour an dem Krimkriege teil, indem er
sich England und Frankreich anschloß. Auch heute könnte