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Italien nicht anders handeln. Wir würdigen die Gefahren,
welche den europäischen Frieden bedrohen, und um diese Ge—
fahren zu beschwören, widersetzen wir uns jedem Akte, der
von Seite Rußlands oder der Türkei zu einem Kriege führen
könnte. Die gegenwärtige Unordnung in der Türkei mag
Rußland Freude bereiten, welches um dasselbe herumschleicht.
bereit, ihm den Todesstoß zu geben. Das kann aber den
Großmächten nicht gefallen, die niemals zulassen werden, daß
Rußland sich dieses Territoriums bemächtigt. Bei dieser Sach-
lage stehen wir vor folgendem Dilema: Entweder wir reorgani-
sieren die Verwaltung der Türkei, um ihren Bestand zu ver-
teidigen und ihren Sturz aufzuhalten, oder wir bereiten eine
Basis vor, für einen oder mehrere Staaten, welche einmal
an die Stelle der Türkei treten werden. Bei dieser zweiten
Hypothese scheint es mir am besten, die Autonomie der ver-
schiedenen Teile. Mazedonien, Albanien, Altserbien etc. auf-
recht zu halten, und diese Länder ebenso zu konstituieren, wie
Rumänien, Bulgarien und die übrigen Balkanstaaten. Der
Gedanke der Autonomie dieser Staaten ist in Wien genehm.
Unser Botschafter daselbst berichtet: Graf Kalnoky will die-
selben aufrecht erhalten. Ich weiß nicht, wie sich Kalnoky dies
denkt, für den Augenblick aber genügt es zu wissen, daß wir im
Prinzip einverstanden sind.“
Bismarck: „Ich sehe die gegenwärtige Gruppierung der
Großmächte mit Befriedigung an, wünsche nur, daß sie
eine kompakte ist, und daß sie ihr Ansehen in die Wagschale
wirft. Was Bulgarien anbelangt, so wäre es besser gewesen,
der Fürst Alexander wäre geblieben; er hätte sicherlich einmal
eine Unklugheit begangen, und er hätte seine schließliche Besei-
tigung selbst veranlaßt, da er den Vertrag von Berlin verletzte.
Ja noch mehr, er trat den Engländern mit seinen Heiratspro-
jekten zu nahe. Rußland beharrt auf seinem Recht, sich in die
bulgarischen Angelegenheiten zu mischen. Italien ist frei, seine
Orientpolitik zu machen, wie es ihm beliebt; Deutschland wird