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Bismarck: „Für mich existiert der Gesichtspunkt, daß
Deutschland Frankreich überlegen ist, nicht. Der einzige Ge-
sichtspunkt, aus dem die Sache anzusehen, ist die Tatsache:
Wenn Deutschland es mit einem ungerechten Angriff, von
welcher Seite immer her, zu tun hat, ist es imstande, das
Doppelte und Dreifache dessen zu leisten, was ihm durch
Militärgesetze auferlegt werden kann.““)
Berlin, Winter 1887.
Außerung über den Prinzen Wilhelm.“
Bei Bismarck kam unter wenigen befreundeten Personen,
die er bei sich sah, das Gespräch auf die Zukunftsaussichten
des Reiches. Einer der Anwesenden konnte nur mit trüber
Besorgnis in die Zukunft sehen und berief sich dabei auf das
hohe Alter Kaiser Wilhelms, die schwere, doch wahrscheinlich
tödliche Krankheit des Kronprinzen und die Jugend des
Prinzen Wilhelm, welcher eine schwierigere Stellung zu den
Bundesfürsten als sein Großvater und sein Vater mit ihrem
Ruhm und ihrem Ansehen aus der Zeit der großen Waffen-
brüderschaft hätten, und dem obendrein im natürlichen Laufe
der Dinge die außerordentliche Kraft eines Bismarck als
Berater fehlen werde. Diesem Pessimismus trat der Fürst
mit Lebhaftigkeit entgegen: „Ich muß sagen, daß ich viel
zuversichtlicher in die Zukunft blicke. Das Reich ist voch
viel fester gegründet und die Bundesfürsten verdienen ein
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*) Die „National-Zeitung“ Nr. 75 vom 4. Februar 1888
reproduzierte eine in dem „Nem Vork Herald“ veröffent-
lichte Unterredung Bismarcks mit einem Diplomaten aus
dem Anfang des Jahres 1888, betreff. die politischen Beziehungen
zwischen Deutschland und Rußland. Eine innere Wahrscheinlichkeit
dafür, daß Fürst Bismarck sich in der angegebenen Weise einem
neugierigen Diplomaten geäußert hat, liegt nicht vor.
n*) „Berliner Börsenzeitung“ Nr. 310 vom 5. Juli 1888.