– 60 —
Versailles, 4. November 1870.
Sechste Unterredung mit Thiers über den Abschluß
eines Waffenstillstandes.“
Abends um 8⅛ Uhr übergab Thiers Bismarck das er-
wähnte Exposé. Bevor der Kanzler einen Blick in dasselbe
warf, fing er wieder zu sprechen an über die Intriguen, die
von dem Hofe in Kassel ausgingen; dabei erzählte er von
der Kapitulation von Sedan, von der Haltung Napoleons,
von der Begegnung desselben mit dem König; darauf goß
er sein Herz aus über den König, den Kronprinzen, Moltke,
den Hof und die Höflinge.““) Um Mitternacht plauderte er
noch immer, ohne daß er bis dahin das Thiers'sche Exposé
gelesen hatte. Endlich nahm er es vor, und las es aufmerk-
sam durch. Ueber die tatsächlichen Verhältnisse war eine Eini-
gung erfolgt; Bismarck befürchtete nur, von französischer Seite
würde ihm vorgeworfen werden, er sei in die Verhandlungen
eingetreten mit dem Vorsatze, entweder die Verproviantierung
von Paris zu verweigern, oder ein Fort von Paris zu ver-
langen. Da Thiers seine Beziehungen zu Bismarck nicht ver-
schlechtern wollte, aus Furcht, den Friedensabschluß später
zu erschweren, so nahm Bismarck dessen Vorschlag an, ein-
fach zu sagen, man hätte sich über die Verproviantierungs-
fragen nicht einigen können, und dies sei der Grund für den
Abbruch der Verhandlungen gewesen.
Darauf verabschiedete sich Thiers, und es wurde eine
weitere Zusammenkunft auf den folgenden Tag nach Thiers
Ankunft von Sevres verabredet.
*) Nach der Thiers'schen Darstellung. A. a. O., Seite 97.
½%)) Das Versprechen, über die Plaudereien Bismarcks noch
besonders zu berichten, hat Thiers leider nicht eingelöst.