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Versailles, 8. und 9. November 1870.
Unterredungen mit dem Erzbischof von Posen,
Ledochowski, betreffend die Wünsche der Katho-
liken in Betreff des Papstes.“
Ledochowski erkundigt sich, ob der Papst Aufnahme in
Preußen finden werde?
Bismarck: „Ich würde das Verlassen Roms für einen
ungeheuren Fehler Pio Nono's halten, aber sein Aufenthalt
in Deutschland könnte gut wirken, weil die Anschauung der
römischen Priesterwirtschaft die Deutschen kurieren würde.“
Neutralen hätte Preußen schon selbst Verbindung und bedürfe
zu diesem Zwecke nicht der Vermittlung der französischen Regierung.
Thiers solle einfach erklären, ob die französische Regierung die
Verhandlung über den Waffenstillstand wünsche oder nicht, was
dann Thiers bejahte.
Nach einem Eintrag in das Tagebuch des Kaiser Friedrich
d. d. Versailles, den 7. November, hatte Bismarck den dorthin
gereisten süddeutschen Ministern gesagt, es sei der Wunsch der
preußischen Regierung, die deutschen Fürsten den Frieden mit
ihrem Degenknopf in VWersailles besiegeln zu sehen.
*) Nach dem Tagebuch des Kronprinzen.
**) Bismarck bemerkte dem Geh. Rat Abeken, es hätte
auch seine Vorteile, einmal mit Ledochowski, der ja ein kluger
Mann sei, selbst zu sprechen, und ihn sich selbst überzeugen
zu lassen, was möglich sei und was micht, auch von ihm zu
hören, was er sich als möglich denkt. In den „Gedanken und
Erinnerungen“, Bd. II, S. 123, schreibt Bismarck: „In Ver-
sailles hatte ich vom 5. bis 9. November mit dem Grafen
Ledochowski, Erzbischof von Posen und Gnesen, Verhandlungen
gehabt, die sich vorwiegend auf die territorialen Interessen der
Papstes bezogen. Gemäß dem Sprichwort „Eine Hand wäscht
die andere“ machte ich ihm den Vorschlag, die Gegenseitigkeit
der Beziehungen zwischen dem Papste und uns zu betätigen
durch päpstliche Einwirkung auf die französische Geistlichkeit im
Sinne des Friedensschlusses, immer in Sorge, wie ich war, daß
eine Einmischung der neutralen- Mächte uns die Früchte der Siege
verkümmern könne.“