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Bismarck: „Der Abschluß steht bevor, nur sind noch
manche von den süddeutschen Staaten erhobene Erinnerungen
zu überwinden. Was kann man da tun? Sie wollen
doch nicht, daß man ihnen droht?“
Kronprinz: „Ja wohl, es ist gar keine Gefahr, treten
wir fest und gebietend auf, so werden Sie sehen, daß ich Recht
hatte, zu behaupten, Sie seien Sich Ihrer Macht noch gar
nicht genügend bewußt.“
Bismarck: „Bei eventuellen äußersten Maßregeln darf
man am wenigsten damit drohen, weil das jene Staaten in
Oesterreichs Arme treiben würde. So habe ich bei Ueber-
nahme meines Amtes den festen Vorsatz gehabt, Preußen zum
Krieg mit Oesterreich zu bringen, aber ich habe mich wohl
gehütet, damals oder überhaupt zu früh mit Sr. Mojestät
davon zu sprechen, bis ich den Zeitpunkt für geeignet an-
gesehen. So muß man auch gegenwärtig der Zeit anheim-
stellen, die deutsche Frage sich entwickeln zu sehen.“
Kronprinz: „Ein solches Zaudern kann ich, der ich die
[Zukunft repräsentiere, nicht gleichgültig ansehen; es ist nicht
nötig, Gewalt zu brauchen, man kann es xuhig darauf an-
kommen lassen, ob Bayern oder Württemberg wagen werden,
sich Oesterreich anzuschließen. Es ist nichts leichter, als von
der hier versammelten Mehrzahl der deutschen Fürsten nicht
bloß den Kaiser proklamieren, sondern auch eine den berech-
tigten Forderungen des deutschen Volkes entsprechende Ver-
fassung mit Oberhaupt genehmigen zu lassen, das würde eine
Pression sein, der die Könige nicht widerstehen können.“
Bismarck: „Mit dieser Anschauung stehen Sie ganz allein;
um das gewollte Ziel zu erreichen, wäre es richtiger, die
Anregung aus dem Schoße des Reichstages kommen zu
lassen.“
Auf den Hinweis des Kronprinzen auf die Gesinnungen
von Baden, Oldenburg, Weimar, Koburg deckte Bismarck sich
durch den Willen des Königs.