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nicht nur an seinem Gesundheitszustand, sondern wohl auch
daran, daß ihm der Gang der deutschen Politik jetzt weniger
Anlaß bot, sich durch Vermittlung der Presse zu den Tages-
fragen oder den Maßregeln der Regierung kritisierend, war-
nend oder ratend zu äußern. Auch boten die Gegenstände,
welche die öffentliche Meinung in den letzten Monaten be-
schäftigten, ihm kaum viel Anreiz, sich mit ihnen zu be-
schäftigen.
Als es in den Blättern hieß, es solle Bismarck die Ent-
scheidung in der Beringsmeerfrage übertragen werden, gab
er zur Antwort: „Ich begreife nicht, was die Leute sich
denken; nichts ist mir gleichgültiger, als die Beringsmeerfrage;
wenn ich in den Zeitungen auf Artikel darüber stoße, über-
schlage ich sie regelmäßig.“ Von inneren Fragen beschäftigte
Bismarck die des bayerischen Reservatrechtes in der Militär-
gerichtsbarkeit und es war auf sein direktes Eingreifen
zurückzuführen, wenn die „Hamburger Nachrichten“, nachdem
sie anfänglich die Reservatrechtsfrage weniger releviert hatten,
dies plötzlich mit einem großen Nachdruck taten, was in
Bayern ersichtlich Befriedigung erregte. «
Mit großer Vorliebe kam Bismarck auf den Gedanken
zurück, daß bei den nächsten Wahlen ein Kartell der staats-
erhaltenden und produktiven Stände gegen die Sozialdemo-
kratie gebildet werden müsse. Bismarck war davon über-
zeugt, daß dieser Gedanke, trotz allen Einspruches nament-
lich der liberalen Blätter recht wohl ausgeführt werden könne,
wenn die Sache nur richtig angefaßt werde. „Natürlich darf
man nicht versuchen, zum Ziele zu gelangen, indem man die
neue Majorität bei den nächsten Wahlen dadurch herstellen
Zu erwähnen wäre noch ein gleichfalls in Penzlers Werk (Bd. VII,
S. 462 übergegangene Artikel der „Dresdner Nachrichten“ vom
1. November 1897 betreffend die Stellung Bismarcks zum ge-
heimen Wahlrecht, angeblich auf „bester Information“ beruhend.
der aber nichts neues enthält.
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