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es mir, wenn ich wie Heine als Jude geboren wäre, gefallen
können, wenn man um 8 Uhr abends die Tore der Juden-
stadt abgesperrt, überhaupt die Juden unter die schärfsten
Ausnahmegesetze gestellt hat? Ein Heine mußte naturgemäß in
dem Manne, der die französische Gesetzgebung in die Rhein-
lande brachte, die Ausnahmegesetze aufhob, einen Erlöser von
martervollem Drucke preisen. Und vergessen die Herren denn
ganz, daß Heine ein Liederdichter ist, neben dem nur noch
Goethe genannt werden darf, und daß das Lied gerade eine
spezifisch deutsche Dichtungsform ist?“
Friedrichsruh, Spätsommer 1882
Unterredung mit einem Gaste, betreffend die
Jugendjahre, die Zeit der Petersburger und
Frankfurter Gesandtschaft, den Krieg von 1866,
Abneigung gegen den Gedanken einer Erwerbung
der deutsch-österreichischen Provinzen durch Deutsch-
land, Perhorreszierung eines slavischen Oster-
reichs, Prädominieren der Deutschen und Ma-
gyaren in Ö sterreich.“
Bismarck: „Meine Jugend bildete für mich eine gute
Vorschule für mein ganzes späteres Leben, ich lernte frühzeitig
*) Nach der „Neuen Freien Presse“ Nr. 12.434 vom 5. April
1899. Die Persönlichkeit, welcher gegenüber die Aeußerungen
fielen, ist nicht bekannt. Die „Hamburger Nachrichten“ be-
merkten in der Nr. 82 vom 8. April 1899 bei Reproduktion
des Artikels: „Die vorstehenden Ausführungen tragen den Stempel
der Wahrheit und entsprechen den Auffassungen des Altreichs-
kanzlers, wie wir sie wiederholt von ihm vernommen haben.“
Ich habe. da das Datum der Unterredung nicht erwähnt ist,
dieselbe an den Schluß von 1889 gesetzt, und will nur bemerken,
daß die böhmische Krönungsfrage amtlich niemals auf der Tages-
ordnung gestanden hat. Gerüchfweise tauchte dieselbe auf im
Sommer 1871 und besonders lebhaft im Sommer 1896.