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versäumt, so wird hierdurch das Recht der
übrigen nicht ausgeschlossen, S 62.
1. Der Antrag kann nicht geteilt wer-
den. Das gerichtliche Verfahren findet
gegen sämtliche an der Handlung betei-
ligten Täter und Teilnehmer sowie gegen
den Begünstiger statt, auch wenn nur
gegen eine dieser Personen auf Bestra-
fung angetragen worden ist, S 63. Wenn
z. B. der Ehemann nach erfolgter Ehe-
scheidung wegen Ehebruches der Frau
nur gegen diese, nicht gegen den Ehe-
brecher Strafantrag stellt, so muß gleich-
wohl gegen beide die Strafverfolgung auf-
genommen und gegen beide entschieden
werden. — Damit ist jedoch nicht der
Fall zu verwechseln, daß bei dem einen
der Teilnehmer ein Strafausschließungs-
grund vorliegt.
2. Die Zurücknahme des Antrages ist
nur in den gesetzlich besonders vorgese-
henen Fällen und nur bis zur Verkündi-
gung eines auf Strafe lautenden Urteiles
zulässig, S 64. Zulässig ist die Zurück-
nahme des Antrages in den folgenden Fäl-
len: bei feindlichen Handlungen gegen
befreundete Staaten S 102, 103, 104; bei
Beleidigung S 194; bei Körperverletzung
gegen einen Angehörigen S 232; bei
Hausdiebstahl oder Hausunterschlagung
S 247; bei Betrug gegen Angehörige
S 263; bei Wilddieberei eines Angehö-
rigen S 292; bei Sachbeschädigung ge-
gen einen Angehörigen S 303; bei Mund-
raub S 370 Nr 5; bei Futterdiebstahl S 370
r 6.
IV. Der Verletzte, der das 18. Lebens-
jahr vollendet hat, ist selbständig zur Stel-
lung des Strafantrages berechtigt. So-
lange er minderjährig ist, hat, unabhängig
von seiner eigenen Befugnis, auch sein
gesetzlicher Vertreter das Recht, den An-
trag zu stellen, S 65 Abs 1. — Ist also der
Verletzte geschäftsunfähig, oder hat er
das 13. Lebensjahr noch nicht vollendet,
so ist der gesetzliche Vertreter der zur
Stellung des Antrages Berechtigte, S 65
Abs 2,
Die Form des Strafantrages wird in
C 156 geregelt.
V. In gewissen Fällen ist eine Ermäch-
tigung erforderlich. Der Antrag unter-
scheidet sich von der Ermächtigung da-
durch, daß die Ermächtigung ein-
geholt wird und ihre Zurücknahme
unzulässig ist. Ermächtigung wird im
S erfordert bei Beleidigung von Bundes-
Antragsdelikte — AÄnwaltszwang.
fürsten,, bei Beleidigung politischer Kör-
perschaften.
Anwaltsprozeß ist der Zivilprozeß
vor den Kollegialgerichten: vor den Land-
gerichten und vor allen Gerichten höherer
Instanz müssen die Parteien durch einen
bei dem Prozeßgerichte zugelassenen
Rechtsanwalt (s. d.) als Bevollmächtigten
sich vertreten lassen, Z 78.
Anwaltszwang (Zivilprozeß) ist die
Pflicht der Partei, sich im Prozesse (An-
waltsprozeß, s. d.) eines Rechtsanwalts
zu bedienen. Der A ist daher eine Ein-
schränkung der (sonst mit der Prozeß-
fähigkeit sich deckenden) Postulationsfä-
higkeit: im Parteiprozesse ist jeder Pro-
zeßfähige postulationsfähig; im Anwalts-
prozesse (s. d.) dagegen nur der zugelas-
sene Anwalt.
I. Vom A befreit sind folgende Perso-
nen: 1. der beim Prozeßgerichte zugelas-
sene Anwalt in eigener Sache; — 2. der
Staatsanwalt, wenn er von Amts wegen
in Ehe- und Entmündigungssachen oder
als Vertreter des Staates in Fiskalsachen
auftritt; — 3. die Parteien für das Ver-
fahren vor einem ersuchten oder beauf-
tragten Richter; — 4. die Parteien bei
Prozeßhandlungen, die vor dem Oerichts-
schreiber vorgenommen werden kön-
nen; — 5. der Zeuge, gegen den eine In-
zidentfeststellungsklage wegen des von
ihm behaupteten Zeugnisverweigerungs-
rechtes erhoben wird.
Dagegen besteht Anwaltszwang auch
für die Beschwerde, abgesehen von
zZ 209
Die Prozeßfähigkeit der Partei im
Anwaltsprozesee äußert sich in folgenden
Beziehungen: 1. die Partei bestellt den
Anwalt; — 2. sie kann im Termine er-
scheinen und den Anwalt berichtigen, muß
von ihm daher stets vom Termine benach-
richtigt werden; — 3. sie leistet den Par-
teieid; — 4. sie kann den Streitgegenstand
entgegennehmen; — 5. sie kann sich
vor dem ersuchten oder beauftragten
Richter selbst vertreten ; — 6. sie kann ge-
wisse Erklärungen zu Protokoll des Ge-
richtsschreibers abgeben; — 7. sie kann
dem Gerichtsvollzieher Aufträge ge-
ben; — 8. wird sie prozeßunfähig, so
wird das Verfahren unterbrochen; —
9, bei Konkurs der Partei wird das Ver-
fahren unterbrochen ; — 10. stirbt die Par-
tei, so tritt Unterbrechung ein; — 11. die
Parteien können vereinbaren, daß das