Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Beamter. 
Wehrpflicht dient, sowie die Dienste des 
Schöffen, Geschworenen usw. Die Lei- 
stung dieser erzwungenen Dienste ist 
nichts anderes als die Erfüllung der Un- 
tertanenpflicht. 
Das Dienstverhältnis des Ba ist von 
diesen beiden Arten von Dienstleistungen 
wesentlich verschieden. Das Beamtenver- 
hältnis wird allerdings auch durch einen 
Vertrag begründet, d. h. der Staat muß 
durch das zuständige Organ erklären, eine 
bestimmte Person in seine Dienste neh- 
men zu wollen, und diese muß einwilligen, 
in den Dienst zu treten. Dieser Vertrag ist 
jedoch öffentlichrechtlicher Natur und be- 
gründet ein Gewaltverhältnis des Staates 
über den Ba und neben der allgemeinen 
Staatsbürgerpflicht eine besondere Pflicht 
des letzteren zu Gehorsam und Treue 
gegen den Staat. Andererseits ist aber 
auch der Staat zum Schutze des Ba in der 
Ausübung seiner Dienstpflicht und zur 
Gewährung des zugesicherten Dienstein- 
kommens verpflichtet. Nach Reichsrecht 
muß die Anstellung des Reichsbeamten 
schriftlich erfolgen. Das Beamtenverhält- 
nis wird begründet durch die Aushändi- 
gung und die vorbehaltlose Annahme der 
Anstellungsurkunde. Der Anspruch auf 
Gehalt ist für die Beamteneigenschaft 
nicht wesentlich, es gibt auch unbesoldete 
Ba. Die Verletzung der Dienstpflicht ist 
nicht ein Kontraktsbruch, sondern ein Dis- 
ziplinarvergehen, die Erfüllung derselben 
nicht Vertragserfüllung, sondern Erfül- 
lung einer Treue- und Gehorsamspflicht. 
Der Ba ist aber nicht zur Leistung von 
allen Diensten, sondern nur zur Leistung 
amtlicher Dienste verpflichtet (ALR Il 
10 8 1: Militär- und Zivilbediente 
sind vorzüglich bestimmt, die Sicher- 
heit, die gute Ordnung und den 
Wohlstand des Staates unterhalten und 
befördern zu helfen). Der Dienst des 
Ba ist nach Umfang und Inhalt be- 
stimmt durch die Rechtsordnung des 
Staates und sein Interesse an der Förde- 
rung des öffentlichen Wohles. Dienste für 
durch die Gesetze verbotene Handlun- 
gen und Zwecke braucht der Ba nicht zu 
leisten. Die lebenslängliche Dauer des 
Dienstverhältnisses ist für das Beamten- 
verhältnis nicht erforderlich, die Anstel- 
lung unter ausdrücklichem Vorbehalt des 
Widerrufes oder der Kündigung schließt 
die Beamteneigenschaft nicht aus. Der 
Umstand, daß die dem Ba übertragenen 
  
  
181 
Geschäfte dessen Zeit und Kräfte nur 
nebenbei in Anspruch nehmen, ist uner- 
heblich, Beamtenges 38. Ferner ist nicht 
erforderlich, daß dem Ba die Ausführung 
obrigkeitlicher Hoheitsrechte übertragen 
ist, oder daß er in Verfügung und Ent- 
scheidung selbständig ist. Auch die Über- 
tragung eines Amtes ist kein wesentliches 
Merkmal. Der Verlust der Beamteneigen- 
schaft tritt ein durch 1. Tod, 2. Pensionie- 
rung infolge Dienstunfähigkeit, 3. Beendi- 
gung der Dienstzeit, 4. Entlassung (Kassa- 
tion) durch Strafurteil der ordentlichen 
Gerichte oder durch Urteil der Disziplinar- 
behörden, 5. freiwilliges Ausscheiden un- 
ter Verzicht auf den Pensionsanspruch. 
Die Einteilung der Ba. Reichs- und Lan- 
desbeamte. Reichsbeamte sind alle Ba, 
welche entweder vom Kaiser, RV 18, oder 
in seinem Namen und Auftrage angestellt 
sind. Sie sind als „Kaiserl‘ zu bezeichnen, 
Allerh Erlaß betr die Behörden und Ba 
des Deutschen Reiches usw vom 3. Aug 
1871, RGBI 318, Die von dem Landesherrn 
und in dessen Namen und Auftrage ange- 
stellten Ba sind Landesbeamte, Die Post- 
und Telegraphenbeamten (außer in Bay- 
ern und Württemberg) sind mittelbare 
Reichsbeamte. Allerdings bestimmt $ 1 
des Reichsbeamtenges, daß auch diejeni- 
gen Ba, welche nach Vorschrift der RV 
den Anordnungen des Kaisers Folge zu 
leisten verpflichtet sind, d. h. die Post- 
und Telegraphenbeamten, RV 50, als 
Reichsbeamte im Sinne dieses Gesetzes 
anzusehen sind. Diese Bestimmung will 
die betreffenden Ba aber nicht zu Reichs- 
beamten machen, sondern nur besagen, 
daß die Bestimmungen dieses Gesetzes 
auch auf solche Landesbeamte Anwen- 
dung finden sollen. Dagegen sind die Mi- 
litärbeamten (mit Ausnahme der in Bay- 
ern) Reichsbeamte. Die RV verpflichtet 
sie nicht, den Anordnungen des Kaisers 
Folge zu leisten. Denn nach RV 63 steht 
die gesamte Landmacht des Reiches in 
Krieg und Frieden unter dem „Befehle“ 
des Kaisers, nach RV 64 sind alle „deut- 
schen Truppen‘ verpflichtet, den Befehlen 
des Kaisers unbedingte Folge zu leisten, 
Da der militärische Oberbefehl über das 
Heer aber keineswegs mit der Verwaltung 
desselben identisch ist, so folgt, daß die 
RV die Militärbeamten dem Befehle des 
Kaisers nicht unterstellt. Hieraus aber in 
Verbindung mit dem Umstande, daß das 
Reichsbeamtengesetz auf die Militärbe-
	        
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