Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Bentham — Beratung und Abstimmung. 
sequenz durchgeführte Anwendung des 
Grundsatzes auf das gesamte Gebiet der 
Gesetzgebung und Verwaltung vielfache 
Anregungen und förderte die Entdeckung 
und Erklärung zahlreicher wichtiger Ele- 
mente der Gesetzgebung und damit die 
Gesetzgebungspolitik, deren moderne 
Richtung er in wesentlichen Punkten be- 
stimmte, so daß sein indirekter Einfluß als 
weitreichend und weitwirkend bezeichnet 
werden muß. 
Ohne im einzelnen die Anregungen 
Benthams zum Prozeßverfahren, zur Or- 
ganisation der Gerichte, zur Beweisfüh- 
rung, zur Parlamentsreform, zur Tren- 
nung von Kirche und Staat usw anzu- 
führen, sei z. B. auf seinen Plan eines Ge- 
fängnisses verwiesen, in dem ein Aufseher 
aus einem in der Mitte des Gebäudes be- 
findlichen Turme zugleich alle Gefange- 
nen beobachten können (Panopticon or the 
inspection house, London 1791, 2), und auf 
seine Verdienste um das Völkerrecht auf- 
merksam gemacht, dessen Terminologie 
er durch (die schon von Zouch versuchte) 
Einführung der Bezeichnung International 
Law verbesserte (in seinem zwischen 
1786—89 geschriebenen, aber erst post- 
hum in seinen Werken erschienenen Ver- 
such: Principles of International Law). 
In nationalökonomischen Fragen folgte er 
nicht ohne Selbständigkeit Adam Smith 
durch die Bekämpfung der Zolischranken 
und Wuchergesetze: Freihandel und Frei- 
heit des Kapitalmarktes, staatliche Sozial- 
politik zur Minderung des Gegensatzes 
zwischen Reichen und Armen waren seine 
volkswirtschaftlichen Hauptforderungen. 
Eine vollständige systematische Darstellung 
seiner Lehre hat Bentham selbst nicht gegeben; sie 
erschien in dem durch seinen Schüler E. Dumont 
aus den Schriften des Meisters zusammengestell- 
ten: Traite de l&gislation civile etpenale, Genf 1801. 
Unter den zahlreichen (teilweise unausgeführten 
und unvollendeten) Schriften Benthams, die 
Bowring herausgab: Works, Edinburg 33—43, 11, 
ist als von besonderer juristischer Bedeutung 
neben der berühmten Streitschrift gegen Black- 
stone: Fragment on government, London 1776, 
die die klarste Entwickelung seiner Gedanken 
zur allgemeinen Staatlehre enthält, noch hervor- 
zuheben die Introduction to the principles of 
morals and legislation, London 1789. Bogeng. 
Beobachtung, polizeiliche, bei der 
Untersuchung von Verbrechen eines der 
vorzüglichsten Mittel, wenn gegen einen 
Verdächtigen nur geringes Belastungs- 
material vorliegt oder es darauf ankommt, 
Mitschuldige, Hehler, Verstecke gestoh- 
lenen Gutes usw zu entdecken. In 
  
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Deutschland wird von diesem Mittel ver- 
hältnismäßig wenig Gebrauch gemacht, 
einmal mit Rücksicht auf die erheblichen 
Zeit- und Geldaufwendungen, sodann 
aber, weil vielfach die Meinung verbrei- 
tet ist, daß ein derartiges Vorgehen einer 
Behörde nicht „würdig“ sei. Ersteres 
trifft allerdings zu, indessen kann eine er- 
folgreiche B(eo)b(achtung) eine Unter- 
suchung von Monaten auf Tage abkürzen 
und den Staat selbst davor bewahren, Ent- 
schädigungen für unschuldig erlittene Un- 
tersuchungshaft zahlen zu müssen. Und 
was die „Würde‘‘ anbelangt, so ist der 
Verbrecher in seinen Mitteln auch nicht 
wählerisch und ist auf alle „einwands- 
freien‘ behördlichen Maßnahmen, wie 
Vernehmung, Gegenüberstellung, Haus- 
suchung und Verhaftung, meist gut vor- 
bereitet. Von einem Unschuldigen wird 
dagegen eine gut und unauffällig durch- 
geführte Bb weit weniger lästig empfun- 
den als die oben genannten Maßnahmen, 
da ja weder er noch sonst jemand außer 
der Behörde etwas von ihr erfährt. Die 
Durchführung der Bb erfordert allerdings 
körperlich gewandte und speziell in der 
Bb geübte Beamte. In den Großstädten 
sind solche stets vorhanden. Kleineren 
Behörden bleibt nur übrig, sich solche im 
einzelnen Falle von größeren Polizeiver- 
waltungen zu erbitten. Zweckmäßig wer- 
den mehrere Beamte verwendet. Der ein- 
zelne muß häufig zu allen möglichen Ver- 
kleidungen greifen, um unauffällig zu er- 
scheinen. Vielfach ist es ratsam, den be- 
obachtenden Beamten mit einem Fahrrade 
auszurüsten, da er sich mit dessen Hilfe 
stets in beliebiger Entfernung von dem 
Beobachteten halten und ihm namentlich 
auch sofort folgen kann, wenn dieser eine 
Fahrgelegenheit benutzt. 
W.8tieber Praktisches Lehrbuch der Kriminalpolizei, 
Berlin 60; Kari Weien Berliner Falschmünzer, Berlin 
(0. J.); Albert Weingart Kriminaltaktik, Berlin 04. 
Änuschat. 
Beratung und Abstimmung der or- 
dentlichen Gerichte. I. Die Richter dürfen 
nur in der gesetzlich bestimmten An- 
zahl entscheiden. Daher können bei län- 
geren Verhandlungen Ergänzungsrichter 
(-schöffen, -geschworene) eintreten, wenn 
sie von Anfang an der Verhandlung bei- 
gewohnt haben, G 194. 
II. Die Beratung und Abstimmung ist 
geheim. Der Vorsitzende darf nur den 
an demselben Gerichte zur juristischen 
Ausbildung beschäftigten Personen (Re-
	        
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