Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Bergarbeiter — Bergbaufreiheit. 
(Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsan- 
stalten, Brüchen und Gruben) nicht unter 
Tage beschäftigt werden. Durch Novelle 
vom 28. Dezember 1908 ist hinzugefügt, 
daß Arbeiterinnen bei der Förderung, mit 
Ausnahme der Aufbereitung (Separation, 
Wäsche), bei dem Transport und der Ver- 
ladung auch über Tage nicht beschäftigt 
werden dürfen, welches Verbot (indes 
erst) am 1. April 1912 mit der Maßgabe 
in Kraft tritt, daß die an diesem Tage be- 
schäftigten Arbeiterinnen noch (späte- 
stens) bis 1. April 1915 weiterbeschäftigt 
werden dürfen. Arndt. 
Bergbaufreiheit wird je nach dem 
Gegensatz, zu welchem man dieses Wort 
stellt, im doppelten Sinne aufgefaßt. Im 
Verhältnis zum Grundeigentümer ist es 
die dem Bergwerksbetreiber zustehende 
Befugnis, auf einem fremden Grund und 
Boden ohne Erlaubnis des Grund- 
eigentümers nach Bergwerksminera- 
lien zu suchen und die gefundenen abzu- 
bauen. In diesem Sinne besteht B(erg- 
bau)f(reiheit), abgesehen von England, 
Rußland und den Vereinigten Staaten, auf 
Metalle, Salz und Solquellen, meist 
(Frankreich, Preußen, Österreich, in den 
meisten deutschen Ländern) auch auf 
Kohle. Dagegen besteht sie auf Salz und 
Solquellen nicht in Hannover und auf 
Kohle nicht in Sachsen und u. a. nicht in 
den vormals kursächsischen, an Braunkoh- 
len reichen preußischen Landesteilen. Die 
in diesem Sinne der Bf unterworfenen, 
von der Verfügung des Grundeigentümers 
ausgeschlossenen Mineralien sind in Preu- 
Ben, Bayern usw Gold, Silber, Quecksil- 
ber, Eisen mit Ausnahme der dem Grund- 
eigentümer gehörenden Raseneisenerze, 
Blei, Kupfer, Zinn, Zink, Kobalt, Nickel, 
Arsenik, Mangan, Antimon und Schwefel, 
gediegen und als Erze, Alaun- und Vitriol- 
erze, Steinkohle, Braunkohle und Graphit, 
Steinsalz, Kali-, Magnesia- und Borsalze 
nebst den mit diesen Salzen auf der näm- 
lichen Lagerstätte vorkommenden Salzen 
und die Solquellen, Allg Bergges vom 
24. Juni 1865 in Fassung des Ges vom 
18. Juni 1907, GS 119. Alle anderen hier 
nicht namentlich aufgeführten Mineralien, 
z. B. Platin, Strontianit, Phosphorit, Mar- 
mor, Edelsteine, Erdöl, Alabaster, gehören 
dem Grundeigentümer. Auch Bernstein 
ist pars fundi, außer im Geltungsgebiete 
des ostpr Provinzialrechts, wo er dem 
Staate vorbehalten ist. In den deutschen 
  
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Schutzgebieten sind neben den in $ 1 des 
prBergges genannten auch die Edelsteine, 
Erdöl, Erdpech u. dgl dem Reiche vorbe- 
halten. 
Aus dem Begriff der Bf bzw aus dem 
Ausschlusse gewisser Mineralien von der 
Verfügungsgewalt des Grundeigentümers 
ergibt sich nicht das Recht des Berg- 
werksbetreibers, unmittelbare Eingriffe in 
das Oberflächeneigentum vorzunehmen, 
Entsch des OTrib 73 205, 78 81, des RGZ 
32 241; er muß daher, wenn der Grund- 
eigentümer nicht freiwillig die Benutzung 
der Oberfläche gestattet, diese Benutzung 
sich durch Zwangsenteignung verschaf- 
fen. Dies geschieht in Preußen durch ge- 
meinschaftlichen Beschluß des Oberberg- 
amts und des Bezirksausschusses. Selbst- 
redend hat der Bergwerksbetreiber dafür 
vollständige Entschädigung zu leisten. Ge- 
gen mittelbare Eingriffe in das Ober- 
flächeneigentum hat der Grundbesitzer 
kein Untersagungsrecht, dagegen den 
Anspruch auf vollständige Entschädi- 
gung; diese gebührt ihm für allen Scha- 
den, welcher dem Grundeigentum oder 
dessen Zubehörungen durch den unter- 
irdisch oder mittels Tagebaues geführten 
Betrieb des Bergwerks zugefügt wird, 
ohne Unterschied, ob der Betrieb 
unter dem beschädigten Grundstücke 
stattgefunden hat oder nicht, ob die Be- 
schädigung von dem Bergwerksbesitzer 
verschuldet ist, und ob sie vorausgesehen 
werden konnte oder nicht. Über Scha- 
densersatzansprüche dieser Art ent- 
scheiden die ordentlichen Gerichte. 
Wo in dem angegebenen Sinne die Bf 
nicht besteht, die Mineralien also in der 
Verfügung des Grundeigentümers stehen, 
z. B. Salz in der Provinz Hannover, kann 
der Bergwerksbesitzer nur durch Vertrag 
und gegen Entschädigung das Recht zu 
deren Gewinnung vom Grundeigentümer 
erwerben. 
Im Verhältnis zum Regalherrn bzw zum 
Staate begreift man unter Bf die Befugnis, 
nach den der Verfügung des Grundeigen- 
tümers entzogenen Mineralien zu suchen 
(schürfen) und, falls man solche in bau- 
würdiger Menge und Beschaffenheit ge- 
funden hat, sie in einem gewissen Felde 
(ca 2,2 Mill qm) sich verleihen zu lassen. 
In diesem Sinne wird die Bezeichnung Bf 
gemeinhin verstanden. Wie und wo diese 
Bf entstanden ist, unterliegt dem Streit. 
Jedenfalls bestand sie schon im Altertum.
	        
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