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Puchta und Thöl, ungestüm widerspro-
chen wurde. (Beseler berichtet in Erleb-
tes und Erstrebtes 51 ff selbst eingehend
über den Streit.) Seit 1848 lebhaften An-
teil an den politischen Bewegungen seiner
Zeit nehmend (als Abgeordneter Greifs-
walds für die deutsche Nationalversamm-
lung, in der er ein Führer des rechten Zen-
trums war, als Teilnehmer an der Par-
teiversammlung in Gotha, 1849 als Ab-
geordneter des Mansfelder Kreises für die
zweite preußische Kammer, 1861 als Mit-
glied des preußischen Abgeordneten-
hauses, 1874 als Mitglied des Reichstages,
von 1875 als lebenslängliches Mitglied des
preuß Herrenhauses) und seit Ostern
1859 an der Universität Berlin lehrend,
veröffentlichte er neben kleineren Schrif-
ten 1855 den Schlußteil seines Systems
des gemeinen deutschen Privatrechtes,
dessen erster Band 1847 erschienen war
(4. Auflage 1885). Auch beteiligte er sich
an der Redaktion der Zeitschrift für deut-
sches Recht seit 1845 als Mitherausgeber.
Er f 28. Aug 1888 in Harzburg.
Außer Beselers eigenem Lebensbericht: Erlebtes und
Erstrebtes, Berlin 84, sind über ihn zu vergleichen: O.
Gierkes Nachruf in der Zeitschrift für Rechtsgeschichte
24 1fl; R. Hübner Allgemeine deutsche Bi pbie 46
(SA Leipzig 1901). ogeng.
Besetzung der Gerichte, Kirchen-
ämter, Kriegsgerichte s. d. Stichworte.
Besicht, Kauf auf — (Kauf auf Probe)
ist ein Kauf, welcher durch die Billigung
des Käufers (im Zweifel aufschiebend) be-
dingt ist, B 495. Der Verkäufer hat die
Untersuchung der Kaufsache zu gestatten.
Die Billigung steht im Belieben des Käu-
mm {m nn nn
fers und kann nur innerhalb der verein- :
barten (ev vom Verkäufer gesetzten an-
gemessenen) Frist erklärt werden. Im
Falle der Übergabe zwecks Probe oder B
gilt Schweigen als Billigung, B 496.
Besitz (bürgR) ist die vom Rechte ge-
schützte Herrschaft über eine Sache in
tatsächlicher Beziehung. Der B ist eine
Tatsache, nicht ein Recht. Die Stellung
des B zur Besitzkontroverse (s. possessio)
ist durch das Gesetz selbst nicht unzwei-
felhaft geordnet. Das B enthält keine ge-
setzliche Definition.
Für die Annahme, daß der Besitz ein Recht sel, scheint
as uen: B 861, 862 (Rechtsvorgänger), B 857 (Vererb-
CHKEIR),
Gegen die Annahme, daß der Besitz ein Recht sel,
spricht: 1. die Systematik des B; erster Abschnitt: Besitz;
zweiter Abschnitt: Allgemeine Vorschriften über Rechte
an Grundstücken; also ein Gegensatz. — 2. Rechte an
wesentlichen Bestandteilen sind nicht möglich, wohl aber
an solchen, z. B. Besitz einer Mietswohnung. —
8. Die besondere Hervorhebung der Vererblichkeit des Be-
sitzes, während doch Rechte grundsätzlich vererblich sind.
Es ist fraglich, ob der Besitz nach B 823
Beseler — Besitz.
(„oder ein sonstiges Recht‘) geschützt
wird. Zu bejahen ist dies für B 823 Abs 2
(Schutzgesetze sind B 861, 862), nicht aber
für Abs 1.
I. Der Erwerb des Besitzes vollzieht
sich grundsätzlich durch die Erlangung
der tatsächlichen Gewalt über die Sache,
B 854 Abs 1. Besitzwille wird im B nicht
erfordert.
Allerdings kann aus einzelnen Worten geschlossen wer-
den, daß der Besitzwille in einzelnen Fällen erforderlich
ist; so B 854,: „genügt‘‘, B 856,: „aufgibt‘‘, B 867: „so-
fern‘. — Wird der Besitzwille nicht erfordert, dann kann
der 1 Besitz auch von Kindern und Geisteskranken erworben
werden.
Die Einigung des bisherigen Besitzers
und des Erwerbers genügt zum Erwerbe,
wenn der Erwerber in der Lage ist, die
Gewalt über die Sache auszuüben, B 854
Abs 2.
Il. Die Beendigung des Besitzes tritt
ein: 1. durch die Aufgabe der tatsäch-
lichen Gewalt (Dereliktion oder Tradi-
tion); — 2. durch den Verlust des Be-
sitzes in einer anderen Weise, z. B.
durch Verlieren oder durch Diebstahl; —
3. durch den Untergang der Sache.
Dagegen bleibt der Besitz bestehen:
a. bei einer ihrer Natur nach vorüber-
gehenden Verhinderung in der Ausübung
der Gewalt; — b. beim Tode des Be-
sitzers; in diesem Falle geht der Besitz
auf den Erben über, B 857 (ideelle Ge-
were).
III. Gegenstand des Besitzes sind Sa-
chen. Gleichwohl wird der Besitzesschutz
bei Rechten gewährt: so namentlich in
B 1029, B 1090, B 2018. — Insbesondere
werden Erbschaftsbesitz und Erfindungs-
besitz anerkannt.
IV. Besitz und Detention werden nicht
unterschieden; auch der Mieter, der NießB-
braucher ist Besitzer. Im Gegensatze hier-
zu willCosack BR 2 67 im Besitzdiener
einen Detentor sehen. Das trifft nicht zu.
Kohler bezeichnet den Besitzdiener als
Besitzgehilfen.
1. Besitzdiener ist jemand, der die tat-
sächliche Gewalt über eine Sache für einen
anderen in dessen Haushalt oder Erwerbs-
geschäft oder in einem ähnlichen Verhält-
nisse ausübt, vermöge dessen er den sich
auf die Sache beziehenden Weisungen des
anderen Folge zu leisten hat, B 855. —
Der Besitzdiener ist nicht Besitzer.
2. Die Mittelbarkeit des Besitzes ist von
der Unmittelbarkeit zu unterscheiden. Be-
sitzmittler (unmittelbarer Besitzer) ist je-
mand, der eine Sache als Nießbraucher,