Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Beweislast. 
reden u. dgl sind selbstverständlich gültig; 
freilich ist in jedem einzelnen Falle aus der 
Gesamtheit der konkreten Umstände zu 
entscheiden, welche Rechtswirkung ge- 
meint und gewollt ist. 
Die Gesetzgeber der Z und des B 
gingen von der Theorie aus: Die Bw sei 
zivilrechtlicher Natur (s. o.). Daraus 
folgt, daß etwaige landesrechtliche Vor- 
schriften über Regelung oder Verteilung 
der Bw für dieselbe maßgebend sind, 
wenn und insoweit es sich um privat- 
rechtliche Vorschriften der Landesge- 
setze handelt, welche das B aufrechter- 
halten hat, Einf-B 55 ff. 
Im Zusammenhange mit der Frage der 
Bw steht die sog Vermutung (prae- 
sumtio). Wenn die Vermutung nach Be- 
griff und Wesen den Richter gesetzlich 
zwingt, sei es bis zum Gegenbeweise (pr 
juris) oder unter Ausschluß des Gegen- 
beweises (pr juris et de jure), gewisse 
Tatsachen als wahr anzusehen, so ist dies 
offensichtlich eine Beeinflussung und 
eventuelle Umkehrung der — an sich auch 
hier den allgemeinen Regeln fol- 
genden — Bw. 
Bei einer Reihe zivilrechtlich etwas 
komplizierter Fragen ist auch die Bw sehr 
umstritten. Es handelt sich meist um die 
Bedingung (bzw Befristung), um das 
Recht auf angemessene Gegenleistung 
beim zweiseitigen Vertrage, speziell beim 
Kauf, um Mängel im Willen, in der Ge- 
schäftsfähigkeit usw. Die wesentlichsten 
Gesichtspunkte sind folgende: Kläger hat 
die Unbedingtheit (oder Nichtbefristung) 
eines Rechtsgeschäftes zu beweisen, wenn 
Beklagter Suspensivbedingung (oder An- 
fangstermin) behauptet, hingegen ist — 
im Sinne der Einrede — Beklagter selbst 
für eine von ihm eingewendete Resolutiv- 
bedingung (oder für einen von ihm 
geltend gemachten Endtermin) beweis- 
pflichtig. — Handlungs- bzw Geschäfts- 
fähigkeit, Rechtsgültigkeit, Ernst usw 
gelten als die normalen Zustände, und es 
ist im allgemeinen davon auszugehen, 
daß diese Zustände vermutet werden 
müssen. Es wäre dies eine der Lebenser- 
fahrung entnommene praesumtio 
hominis seu facti. Es ist also prinzipiell 
beweispflichtig, wer beschränkte Ge- 
schäftsfähigkeit oder Geschäftsunfähigkeit 
eines anderen oder wer Willensmängel, 
wie Irrtum, Scherz, Mentalreservation u. 
dgl behauptet; er muß an den einzelnen 
  
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konkreten Fakten des Falles das Vorhan- 
densein der gesetzlichen Tatbestands- 
merkmale der beschränkten Geschäfts- 
fähigkeit oder der Geschäftsunfähigkeit 
oder sonstiger Willensmängel dartun. 
Eigentliche Einreden sind die auf man- 
gelnde oder beschränkte Geschäftsfähig- 
keit abzielenden Parteibehauptungen 
nicht. — Im Prozesse besteht die rich- 
terliche Verpflichtung, den Mangel der 
Parteifähigkeit, der Prozeßfähigkeit, der 
Legitimation eines gesetzlichen Vertreters 
und der erforderlichen Ermächtigung zur 
Prozeßführung von Amts wegen zu be- 
rücksichtigen, wobei zu beachten ist, daß 
dieses partielle Offizialprinzip an sich 
durchaus unabhängig von der Frage der 
Bw ist, Z 56. — Was die Willenserklä- 
rungen und Geschäfte Minderjähriger be- 
trifft, B 106ff, insbesondere das sog 
Widerrufsrecht, B 109, so ist im Falle 
der Klage eines Minderjährigen bzw 
seines Vertreters auf Erfüllung der Be- 
klagte für die von ihm behauptete Ungül- 
tigkeit des Geschäfts beweispflichtig; er 
muß die Nichtgenehmigung des Vertreters 
auf erfolgte Aufforderung oder den 
Widerruf beweisen. Der Minderjährige hat 
zu beweisen, daß der andere Teil die Min- 
derjährigkeit oder den Mangel der Ein- 
willigung des Vertreters gekannt hat. 
Fälschliche Behauptung der Einwilligung 
des Vertreters seitens des Minderjährigen 
hat dessen Gegner zu beweisen. Bei 
Klage gegen einen Minderjährigen auf Er- 
füllung ist dieser für seine Minderjährig- 
keit, der Kläger für etwaige Einwilligung 
oder Genehmigung beweispflichtig. — In 
der Lehre vom falsus procurator verteilt 
sich die Bw für gewöhnlich so: Wer den 
(angeblichen) Vertreter auf Erfüllung oder 
Schadensersatz in Anspruch nimmt, muß 
nachweisen, daß der Vertreter im Namen 
eines anderen abgeschlossen hat, ohne 
dessen Vertreter zu sein, und daß der Ver- 
tretene selbst nicht einwilligt; demgegen- 
über liegt — zum Zwecke der Befrei- 
ung — dem Vertreter der Beweis ob, daß 
er in Vollmacht gehandelt, oder daß 
Kläger den Mangel der Vollmacht ge- 
kannt, oder daß er (der Vertreter) be- 
schränkt geschäftsfähig gewesen, oder 
endlich daß er selbst den Mangel der Voll- 
macht nicht gekannt habe, B 179. — Bei 
der Klage auf Gegenleistung, speziell auf 
Zahlung von Kaufpreis ist folgendes fest- 
zuhalten: Begehrt der Kläger einen ver-
	        
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