Brasilien — Braunschweig.
dieWahl, ob sie denVerbrecher dem Staat,
in welchem die Handlung begangen ist,
oder dem Heimatsstaat ausliefern will. Bei
mehreren Auslieferungsanträgen siegt der
Heimatsstaat oder der zuerst aufgetretene
Staat. Die Auslieferung wird verweigert,
wenn die Strafverfolgung wegen dersel-
ben Handlung im ersuchten Staat erledigt
ist, oder aufgeschoben, wenn wegen einer
anderen Tat ein Verfahren im Asylstaat
noch anhängig ist. Wegen politischer De-
likte oder mit solchen in Verbindung
stehender Handlungen, Attentate ausge-
nommen, wird ebensowenig ausgeliefert
wie wegen nach dem Recht des ersuchten
Staates verjährter Verbrechen. Privat-
verbindlichkeiten dürfen die Auslieferung
nicht verhindern. Die Auslieferung wird
auf Grund eines auf diplomatischem Wege
vom deutschen Bundesstaat direkt an
Brasilien vorgelegten Haftbefehls bewil-
ligt. Vorläufige Festnahme wird auf tele-
graphisches, durch den Konsul vermitteltes
Ersuchen, welches sich auf das Bestehen
eines Haftbefehls stützen muß, unter der
Bedingung zugestanden, daß die erfor-
derlichen Dokumente in neunzig Tagen
nachgeliefert werden. Die Überführungs-
stücke werden mit übergeben. Die Kosten
bis zur Einschiffung trägt der ersuchte
Staat. Requisitionen in nicht politischen
Strafsachen werden erledigt. Strafurteile
werden wechselseitig mitgeteilt. Grosch.
Braunschweig (Verfassung). Nach-
dem die alte landständische Verfassung
durch die der französischen Okkupation
des Herzogtums folgende westfälische
Konstitution vom 15. Nov 1807 beseitigt
worden war, erfüllte nach Beendigung der
Fremdherrschaft die vormundschaftliche
Regierung des Königs Georg IV. von
England für den minderjährigen Herzog
Karl II. das Bedürfnis einer Kodifikation
des alten Verfassungsrechtes durch den
Erlaß der „Erneuerten Landschaftsord-
nung‘ vom 25. April 1820. Ihr versagte
jedoch — großjährig geworden — der
Herzog seine Anerkennung. Der Streit
mit dem Lande führte 1830 zu seiner Ver-
treibung. Unter seinem Nachfolger und
Bruder Wilhelm ist die Verfassung dann
durch die noch jetzt geltende „Neue Land-
schafts-Ordnung vom 12. Okt 1832 weiter
ausgebaut worden. Spätere Ergänzungen
bzw Abänderungen derselben betreffen
vor allem das Institut der Regentschaft
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— s. das Nähere unter Braunschweig (Re-
gentschaftsgesetz) — und die Zusammen-
setzung der Landesversammlung (Gesetz
vom 6. Mai 1899).
Das I. Kapitel der neuen Landschafts-
ordnung handelt von der Unteilbarkeit
und Unveräußerlichkeit des Herzogtums,
der Regierungsform (Erbmonarchie) und
dem Souverän. Der letztere vereinigt ge-
mäß der in der Monarchie geltenden Re-
gel die gesamte Staatsgewalt in sich und
ist nur hinsichtlich der Ausübung der aus-
drücklich bezeichneten Rechte an die Mit-
wirkung der Landesversammlung gebun-
den. Die Regierung vererbt sich ipso
jure in dem Gesamthause Braunschweig-
Lüneburg (jetzt ist nur noch die jüngere,
Kgl hannoversche Linie vorhanden) nach
der Linealerbfolge und dem Rechte der
Erstgeburt, und zwar zunächst in dem
Mannesstamme, beim Erlöschen dessel-
ben in der weiblichen Linie. Weitere Be-
stimmungen betreffen die Volljährig-
keit des Landesfürsten (Vollendung des
18. Jahres), die Regierungsvormundschaft
bei Minderjährigkeit desselben und die
Hausgesetze (sie bedürfen ständischer Zu-
stimmung nicht, können aber Verfas-
sungsbestimmungen von sich aus nicht
abändern).
In dem Il. Kapitel, dessen Vorschriften
in einigen Beziehungen jetzt durch das
Eingreifen der Reichsgesetzgebung einge-
schränkt sind, werden nach dem Muster
anderer Verfassungen die sog Grund-
rechte aufgeführt (Religionsfreiheit, Frei-
heit der Meinungen, der Presse und des
Buchhandels, Sicherheit der Person und
des Eigentums, Freiheit der Berufswahl
und Rechtsgleichheit zum Staatsdienst;
ferner Ablösbarkeit der gutsherrlichen und
sonstigen Realrechte und Aufhebung der
Feudalrechte); den großjährigen männ-
lichen Landeseinwohnern ist die Pflicht
auferlegt, dem Landesfürsten und seinen
Nachfolgern aus dem Hause Braun-
schweig den Erbhuldigungseid zu leisten.
(Siehe jedoch weiteres unter Braun-
schweig [Regentschaftsgesetz]).
Das IIl., von den Gemeinden handelnde
Kapitel gewährt diesen das Recht selb-
ständiger Verwaltung ihrer Vermögen,
enthält einschränkende Bestimmungen
über das Aufsichtsrecht der Regierung
und verspricht die nähere Regelung der
Rechtsverhältnisse der Gemeinden durch
eine besondere Städteordnung und Land-