Braunschweig.
Leitung der Landesverwaltung betraute,
aus mindestens 3 Mitgliedern beste-
hende Staatsministerium, schreibt die
Kontrasignatur der in Landesangelegen-
heiten ergehenden Verfügungen des Lan-
desherrn durch einen der Minister vor,
statuiert der letzteren Verantwortlichkeit
und schafft eine Art Staatsrat in der aus
den Ministern und vom Landesfürsten zu
ernennenden Beisitzern zusammengesetz-
ten Ministerialkommission.
Das VI. Kapitel regelt das Landesfinanz-
wesen. Dessen Grundlagen bilden das
Kammergut, der Kloster- und Studien-
fonds, das Staatsvermögen im engeren
Sinne und die Steuererträgnisse. — Zu-
nächst ist die Trennung des fürstlichen
Haushalts von dem Staatshaushalt be-
stimmt; für den Bedarf des Landesfürsten
und seines Hauses ist nach besonderer
Vereinbarung mit den Ständen (nämlich
nach dem als Bestandteil der Verfassung
behandelten sog Finanznebenvertrage
vom 12. Okt 1832) die erforderliche
Summe (z. Z. 11253222/, M) aus dem
Reinertrage des Kammergutes ausgeschie-
den, der Rest aber der Staatskasse über-
wiesen; dabei ist anerkannt, daß die bis-
herigen Rechtsverhältnisse des Kammer-
gutes (welfisches Familiengut) hierdurch
nicht berührt werden. Die Verwaltung
des Kammergutes, das sich aus großem
Immobiliarbesitz (Domänen, Forsten und
Bergwerken) und dem Kammerkapital-
fonds zusammensetzt, ist der Herzoglichen
Kammer übertragen; weitere Bestimmun-
gen betreffen den für eine 2jährige Fi-
nanzperiode festzustellenden Staatshaus-
haltsetat, das Budgetrecht der Stände und
das Landeskreditwesen (die staatliche
Leihhausanstalt).
Im VII. Kapitel sind Vorschriften über
die Rechtspflege enthalten, die durch das
Eingreifen der Reichsgesetzgebung zu ei-
nem großen Teile ihre Bedeutung verlo-
ren haben.
Das VIII. Kapitel sichert zunächst den
im Herzogtum anerkannten christlichen
Kirchen freie öffentliche Religionsübung
unter der aus der Kirchenhoheit des Lan-
desherrn folgenden Oberaufsicht der
Landesregierung zu, bestimmt über die
Handhabung der Kirchengewalt in der
evang-luth Landeskirche (durch den Lan-
desherrn unter Mitwirkung und Beirat des
Konsistoriums) und überläßt dieselbe in
den andern christlichen Kirchen den nach
281
ihrer Verfassung Berufenen unter Vorbe-
halt des landesherrlichen Plazets für all-
gemeine Anordnungen und für die Ver-
fügungen von auswärtigen geistlichen
Obern. Weiter ist allen Stiftungen für
kirchliche, Unterrichts- oder Wohltätig-
keitszwecke Besitz und Genuß ihres Ver-
mögens garantiert. Fernere Vorschriften
betreffen die Vereinigung des aus den frü-
heren Stiftern und Klöstern des Herzog-
tums herrührenden Klosterfonds mit dem
von der vormaligen Universität Helm-
stedt stammenden Studienfonds, die Ver-
waltung dieses vereinigten Fonds und die
Verwendung seines Reinertrages für Kir-
chen, Bildungsanstalten und wohltätige
Zwecke.
Die Schlußbestimmungen des Landes-
grundgesetzes behandeln das Verfahren
bei Differenzen der Landesregierung und
der Stände über die Auslegung einzelner
Bestimmungen der Verfassung. (Zuerst
Ausgleichsversuch durch das Staatsmini-
sterium und eine Deputation der Stände;
bei Fruchtlosigkeit derselben Entschei-
dung im Wege Rechtens durch einen aus
Mitgliedern des Oberlandesgerichts gebil-
deten Gerichtshof.)
Otto Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschw
in Marquardsens Handbuch des Öffentlichen Rechtes
8. Halbband, 8. 95-134; Rhamm Die Verfassungagesetge
des Herzogtums Braunschweig, 2. Aufl, 07; derselbe Das
Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig in Das öflent-
liche Recht der Gegenwart 4, 08; v. Frankenberg Das
Staats- und Verwaltungsrecht des Herzogtums Braunschweig
in der Bibliothek des öffentlichen Rechts 4 (Jänekes Bi-
bliotheken, Reihe 6), 09; Dedekind bei Posener Staats-
verfassungen des Erdballs, 09. Dedekind.
Braunschweig (Regentschaftsgesetz).
Da infolge der seit 1866 zwischen der
Krone Preußen und der jüngeren (Kgl
Hannoverschen) Linie des Gesamthauses
Braunschweig - Lüneburg bestehenden
Zerwürfnisse zu befürchten war, daß der
der letzteren angehörende Thronerbe des
unvermählten Herzogs Wilhelm (seit dem
am 12. Juni 1878 erfolgten Tode des Kö-
nigs Georg V. von Hannover dessen
Sohn), der Herzog Ernst August von
Cumberland und zu Braunschweig und
Lüneburg, bei Eintritt des Sukzessionsfal-
les von Preußen an der Ausübung der Re-
gierung verhindert, und die verfassungs-
mäßige Selbständigkeit des Landes wie
die ungestörte Fortführung seiner Ver-
waltung schweren Gefahren ausgesetzt
sein werde, ist nach verschiedenen fehl-
geschlagenen Versuchen das einen Be-
standteil der Verfassung bildende Gesetz,
betreffend die provisorische Ordnung der
Regierungsverhältnisse bei einer Thron-