Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Braunschweig. 
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die Kontrasignierung und Publikation des | ten für wohlvereinbar mit der Reichsver- 
vom Herzog Ernst August erlassenen, die ; fassung. 
Reichsverfassung nochmals ausdrücklich 
anerkennenden Besitzergreifungspatents 
d. d. Gmunden 18. Okt 1884 durch das 
Staatsministerium ab und verwies den 
Herzog wegen Geltendmachung seiner 
„eventuellen“ Ansprüche auf die Thron- 
folge an Kaiser und Reich. Dieser ver- 
wahrte sich gegen die des Rechtsgrundes 
entbehrende Annahme seiner Behinde- 
rung an der Führung der von ihm ange- 
tretenen Regierung in seinem Erlaß an 
das Staatsministerium vom 22, Nov 1884 
und behielt sich alle weiteren Schritte zur 
Beseitigung der Behinderung im fried- 
lichen verfassungsmäßigen Wege vor. 
Preußens Einspruch gegen die Regierung 
des Herzogs wurde jedoch aufrechterhal- 
ten, und der Bundesrat faßte am 2. Juli 
1885 unter Ablehnung eines weitergehen- 
den preußischen Antrages gegen die 
Stimmen von Mecklenburg-Strelitz und 
Reuß ä. L. und bei Stimmenthaltung von 
Oldenburg und Braunschweig den nach- 
folgenden. Beschluß: 
1. die Überzeugung der verbündeten Re- 
gierungen dahin auszusprechen, daß die 
Regierung des Herzogs von Cumberland 
in Braunschweig, da derselbe sich in 
einem dem verfassungsmäßig gewährlei- 
steten Frieden unter Bundesgliedern wi- 
dersprechenden Verhältnisse zu dem Bun- 
desstaate Preußen befindet, und im Hin- 
blick auf die von demselben geltendge- 
machten Ansprüche auf Gebietsteile die- 
ses Bundesstaates mit den Grundprinzi- 
pien der Bündnisverträge und der Reichs- 
verfassung nicht vereinbar sei; 
2. die braunschweigische Regierung 
hiervon zu verständigen. 
Die diesem Beschlusse folgende, an die 
deutschen Fürsten und freien Städte bzw 
an das braunschweigische Staatsministe- 
rum gerichtete Rechtsverwahrung des 
Herzogs vom 22. Sept 1885 bestritt u. a. 
auf Grund der Reichsverfassung die Zu- 
ständigkeit des Bundesrates zum Eingriff 
in die Rechtsordnung eines Einzelstaates 
sowie die Möglichkeit irgendeiner Schmä- 
lerung des souveränen Rechtes der Thron- 
folge und Regierung des Herzogs im Her- 
zogtum durch jenen Beschluß und erklärte 
den Vorbehalt des Rechtsanspruches des 
Herzogs auf Hannover unter Berufung auf 
ähnliche Vorbehalte anderer Bundesstaa- 
  
Am 21. Okt 1885 ward hierauf der Prinz 
Albrecht von Preußen von der Landesver- 
sammlung zum Regenten des Herzogtums 
gewählt. Unter seiner Regentschaft sind 
2 weitere sich auf die Regentschaft be- 
ziehende Verfassungsgesetze erlassen 
worden. Durch das eine — das Gesetz, 
betr die Feststellung der während der Re- 
gierung eines auf Grund des Gesetzes 
vom 16. Febr 1879 Nr 3 gewählten Re- 
genten zu leistenden Huldigungseide, vom 
12. Febr 1886 Nr 9 — ist entgegen der 
sonst bei Regentschaften herrschenden 
Üblichkeit für die Dauer einer Regent- 
schaft auf Grund des Gesetzes von 1879 
unter Suspendierung des im $ 26 der 
Neuen Landschaftsordnung begründeten 
Rechtes der Dynastie auf Leistung des 
Erbhuldigungseides durch die Landes- 
einwohner ein Huldigungseid eingeführt 
worden, welcher allein auf die Person des 
Regenten verstellt ist und des Landesfür- 
sten und des landesfürstlichen Hauses 
keine Erwähnung tut. Daß hierdurch die 
durch frühere Leistung des Erbhuldi- 
gungseides gegenüber der Dynastie be- 
gründeten Verpflichtungen keine Einbuße 
erlitten haben, ist bei der Beratung des 
Gesetzes von der Regierung auf Anfrage 
nicht in Abrede genommen, im Jahre 1902 
sogar ausdrücklich und feierlich anerkannt 
worden, womit übereinstimmt, daß die 
jetzige Form des Huldigungseides ja auch 
selbstverständlich nur eine Treue gegen- 
über dem Regenten als solchem, d. h. un- 
ter Voraussetzung und auf Grundlage der 
Thronberechtigung des landesfürstlichen 
Hauses statuiert. Trotzdem bleibt die 
Form dieses Huldigungseides eine staats- 
rechtliche Abnormität. 
Das andere Verfassungsgesetz der er- 
sten Regentschaft ist dadurch veranlaßt, 
daß in Anträgen der welfischen Parteien 
ann die Landessynode und die Landesver- 
sammlung für den Herzog von Cumber- 
land die Landesherrneigenschaft und 
die mit ihr verbundenen Ehrenrechte 
in Anspruch genommen, von der Re- 
gierung aber, die auf Grund des ihrer 
Ansicht nach so auszulegenden Regent- 
schaftsgesetzes dem Herzog nur die 
Eigenschaft des „erbberechtigten Thron- 
folgers“ zuerkannte, bestritten waren. 
Dieser Standpunkt der ersten regent- 
schaftlichen Regierung von dem Fehlen
	        
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