Adel — Adelsanmaßung. 27
lose bei der Landteilung und ein sittliches
Anrecht auf den Königsstand aus. — Die
Vorrechte des Adels sind im 19. Jahrhun-
dert im allgemeinen beseitigt oder abge-
schwächt worden.
Tacitus Germ cap 8, 11. Vgl v. Savigny Bei
zur Rsgesch des A, in KiSchr 4 2; Glerke GenossE
38; Waltz VerfG 11
'Adelsanerkennung, „bestätigung,
-erneuerung. Durch „Anerkennung“
wird ein von einem Inländer besessener
oder erworbener fremdländischer Adel
dem inländischen Adel gleichgestellt. Be-
grifflich davon scharf zu unterscheiden ist
die Erlaubnis zur Führung eines fremd-
ländischen Adels, als eines solchen, im
Inlande. Die „Anerkennung‘‘ gewährt
alle dem inländischen Adel etwa gebüh-
renden Vorrechte, die Führungserlaubnis
lediglich Schutz gegen etwaige Verfol-
gung wegen unbefugter Führung. Bei
Adelsanerkennung im vorstehenden Sinne
wie bei Führungserlaubnis sind übrigens
zwei verschieden geartete Fälle zu unter-
scheiden, je nachdem ein fremdländischer
Staatsuntertan die inländische Staatsange-
hörigkeit erwirbt und nachher auch die
Anerkennung oder die Erlaubnis zur Füh-
rung seines nunmehr ausländischen Adels
zu erhalten wünscht, oder ein Inländer
einen fremdländischen Adel erhalten hat
und nunmehr für ihn eine inländische An-
erkennung oder Führungserlaubnis er-
strebt.
„Erneuerung‘‘ des Adels findet statt,
wenn der Adel von dem Petenten selbst
oder seinen Vorfahren „verloren‘‘ worden
ist. „Bestätigung“, nach preußischem
Rechte, bei „verdunkeltem‘‘ Adel. In
Bayern und Sachsen wird diese „Bestäti-
gung‘“‘ gleichfalls „Erneuerung“ genannt,
In allen deutschen Einzelstaaten wie in
Österreich-Ungarn ist die Anerkennung,
Bestätigung und Erneuerung des Adels
ein Kronrecht, das durch den Landesherrn
ausgeübt wird. In Preußen ist jedoch die
Bestätigung eines verdunkelten inländi-
schen Adels, d. h. eines inländischen
Adels, dessen sich die betreffende Familie
durch zwei Geschlechtsfolgen hindurch
nicht bedient hat, dem Heroldsamt über-
tragen.
v. Beemen Die Rechtsverhältnisse des niederen Adels
in den landrechtlichen Gebieten Preußens, Berlin 05;
Hoffmann Das Recht des Adels und der Fideikommisse
in Bayern, München 986; v. Einsiedel Gesetz die Ein-
richtung eines Adelsbuches und die Führung des Adels
und der Adelszeichen ‚im Königreich Bachsen) betr usw,
Handausgabe, Leipz Kekule von Stradonitz.
Adelsanma ung. Vieljährige Be-
schäftigung mit dem Gegenstande hat
mich dazu geführt, zwischen Adelsanma-
Bern, Adelsschwindlern, Adelsabenteu-
rern und Adelsfälschern zu unterscheiden.
Unter einem Adelsanmaßer verstehe ich
eine Person, die sich das Adelszeichen
„von“ oder höhere Grade des Adels selbst
beilegt, ohne von Geburt oder Herkunft
dazu berechtigt zu sein oder sie in rechts-
gültiger Weise erworben zu haben, die
aber alsbald von der Staatsgewalt zur Ab-
legung des angemaßten Adelstitels ge-
zwungen wird. Unter einem Adels-
schwindler begreife ich. eine Person, die
ein tatsächliches vorhandenes, aber bür-
gerliches ‚von‘ zu einem adeligen oder
einen tatsächlich vorhandenen Adel „bes-
ser machen will“, als er wirklich ist. Bei-
des sowohl, wenn es zugunsten der eige-
nen, wie wenn es zugunsten einer frem-
den Familie geschieht. Unter ‚„Besser-
machen‘ des Adels in diesem Sinne ist
zu verstehen, wenn z. B. der Stammbaum
„verlängert‘‘ oder ein junger Adel zum
Uradel umgewandelt oder für ein Ge-
schlecht unfreier Herkunft die sog „dy-
nastische‘‘ Abstammung hergeleitet oder
einer Familie, die dem einfachen, niede-
ren Adel angehört, der Freiherren- oder
der Grafentitel bzw. einer freiherrlichen
der letztere beigelegt wird. Hierher ge-
hören auch die „Verbesserungen “ von
„Ahnentafeln‘“ oder „Ahnenproben“ (s.
Genealogische Tafeln) dadurch, daß
Ahnentafeln zu 8, 16, 32 oder 64
adeligen Ahnen zusammengestellt wer-
den, während die betreffende Person, de-
ren Ahnentafel aufgestellt wird, in Wirk-
lichkeit eine oder mehrere Lücken auf der
Ahnentafel hat. Unter einem Adelsaben-
teurer verstehe ich einen Adelsanmaßer,
der in der Zeitspanne seines eigenen Le-
bens, also eines Menschenalters, dazu ge-
langt, seine angemaßten Adelsprädikate
durch hohe Gesellschaftskreise, in denen
er verkehrt, durch Höfe, bei denen er Zu-
tritt erlangt, durch die genealogisch-he-
raldische Fachwelt, durch Staatsregierun-
gen, unter Umständen sogar bei der Ver-
leihung von Orden, Titeln oder Ämtern,
wo möglich sogar durch Richterspruch, ge-
duldet zu sehen. Die schwierigste Frage
ist bei alledem diejenige des vorhandenen
guten oder schlechten Glaubens. Vom
besten Glauben und der festen Überzeu-
gung über das gute Recht bis zum schlech-
testen Glauben und der bewußten Fäl-
schung von Urkunden sind bei den be-