Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Bundesrat. 
schüsse für eine Vorlage speziell können 
übrigens gebildet werden. 
VI. (Dauernde Ausschüsse.) R 8 zählt 
als dauernde Ausschüsse sieben auf; kurz- 
weg benennt man sie als Heer-, See-, 
Zoll-, Handels-, Eisenbahn, Justiz- und 
Rechnungsausschuß. Im dritten Absatz 
dieses Artikels folgt dann noch besonders 
der Ausschuß für auswärtige Angelegen- 
heiten. Die Praxis rief noch weiter ins 
Leben Dauerausschüsse für Elsaß-Lo- 
thringen, für die Verfassung, für die Ge- 
schäftsordnung und für das Eisenbahn- 
gütertarifwesen. Der letztere kommt nie 
mehr zusammen, indem diejenigen Tarif- 
angelegenheiten, welche die deutschen 
Eisenbahnverwaltungen gemeinsam erle- 
digen wollen, in Spezialkonferenzen, 
welche keinerlei Bundesorgane sind, vor- 
genommen werden; die Schwierigkeit 
einer bundesmäßigen Behandlung liegt 
darin, daß nur wenige Staaten eine Eisen- 
bahnverwaltung haben. 
Auch der Ausschuß für auswärtige An- 
gelegenheiten wird außerordentlich selten 
berufen. Seine Berufung steht Bayern zu, 
während in allen anderen Ausschüssen 
Preußen vorsitzt. Im Jahre 1875 spielten 
Bestrebungen der Minister v. Pfretzschner 
(Bayern) und v. Mittnacht (Württemberg), 
diesen Ausschuß zu beleben. Fürst Bis- 
marck hatte Bedenken dagegen. Die Ein- 
zelregierungen besitzen auch andere Mit- 
tel, um sich über den Stand der auswär- 
tigen Angelegenheiten des Reiches zu in- 
formieren: sie können ihre Vertreter auf 
das Auswärtige Amt beordern wegen Aus- 
künften und Wissenswertes auch durch 
die preußischen Gesandtschaften an 
den Einzelresidenzen erfahren. Weitere 
Zwecke hat dieser Ausschuß zwar nicht. 
Eine vorbeschließende Tätigkeit könnte er 
nur in Fällen ausüben, wenn es sich um 
eine Kriegserklärung oder um Verträge 
mit dem Ausland handelt. Nach R 11 
Abs 2 ist zu ersterer Zustimmung des BR 
erfordert; der Fall selbst trat zufolge un- 
serer Friedenspolitik nie ein. Verträge 
aber werden ohnedies an den Justiz- oder 
den Handelsausschuß verwiesen. Allein 
die Zuziehung des diplomatischen als 
eines mitberatenden Organs bei beson- 
ders wichtigen Anlässen, wie sie selten 
geschah (1879, 1900, 1908), hat auf die 
öffentliche Meinung eine Rückwirkung, 
welche politisch verwertbar ist. 
Auch in den Ausschüssen sind Mitglie- 
  
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der die Staaten, und zwar in der verschärf- 
ten Weise, daß keine Substitution seitens 
der Bevollmächtigten zugelassen ist und 
statt eines unvertretenen Staates ein an- 
derer, zum voraus bestimmter, soweit 
vorgesehen, zu eigenem Rechte eintritt. 
Dies ist so geordnet, weil die Mitglied- 
schaft bei der kleinen Zahl rar und wert- 
voll ist, welche die Mehrzahl der Staaten 
regelmäßig ausschließt; Nichtmitglieder, 
auch die Kommissare des Reichslandes, 
können zwar mitberaten, auch Anträge 
stellen, aber nicht mitabstimmen. Durch 
die häufige Verweisung eines Betreffs an 
mehrere Ausschüsse zugleich wird jener 
Ausschluß etwas eingeschränkt. 
Die Quelle der Mitgliedschaft der Staa- 
ten in den Ausschüssen ist verschieden. 
Die Mitgliedschaft ist teils durch die Ver- 
fassung selbst zugeschrieben, teils beruht 
sie auf präsidialer Ernennung oder auf 
Wahl des BR. Auf der Verfassung selbst 
beruht die Teilnahme Preußens an allen 
Ausschüssen außer dem diplomatischen, 
Bayerns in diesem und dem Heeresaus- 
schuß, der Königreiche Sachsen und 
Württemberg im ersteren. Außerdem 
haben diese beiden Staaten nach ihren 
Militärkonventionen das Anrecht, in den 
Heeresausschuß berufen zu werden, des- 
sen Mitglieder ebenso wie diejenigen des 
Seeausschusses vom Kaiser ernannt wer- 
den. Im übrigen tritt die Wahl im BR ein 
und geschieht regelmäßig jährlich im 
Herbst. Die Mitgliedschaft hat sich im 
Verlauf der Jahre tatsächlich vollständig 
konsolidiert. 
Die wichtigste Funktion in den Aus- 
schüssen ist das Referat, und auch dieses 
hat sich zumeist übungsgemäß nach Be- 
treffen unter den Staaten verteilt; im 
übrigen erfolgt die Wahl des Referenten 
auf Vorschlag des Vorsitzenden mittels 
Vereinbarung oder in Ermangelung einer 
solchen durch Abstimmung des Aus- 
schusses. Die Dauerausschüsse bleiben 
auch in der Zwischenzeit zwischen den 
Sessionen des BR in Tätigkeit. Ihre Mit- 
glieder können Hilfsbeamte (ohne Stimm- 
recht) zuziehen. Ob der Vortrag an das 
Plenum mündlich oder schriftlich erfolge, 
beschließt der Ausschuß, falls ihm die Be- 
richtsform nicht von ersterem bezeichnet 
wurde. 
VII. (Stellung der Bundesratsbevoll- 
mächtigten.) Die R 9 und 10 widmet we-
	        
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