Bundesrat.
jektive Vervollkommnung und politischen
Ausgleich wichtigsten Rechts.
Im Zusammenhang mit der legislativen
Aufgabe stehen insbesondere folgende
Normen und Fragen:
1. Zur Auflösung des Reichstags wäh-
rend seiner Legislaturperiode ist ein Be-
schluß des BR, mit kaiserlicher Zustim-
mung, erfordert, R 24.
2. Es besteht die Rechtspflicht, daß ‚die
erforderlichen Vorlagen nach Maßgabe der
Beschlüsse der BR... an den Reichstag
gebracht werden“; dies ist auch auf das
Zeitmoment, mindestens die Session, zu
beziehen, und die Nichtexistenz eines prä-
sidialen Vetos schließt ferner die Folge
ein, daß keine präsidiale Befugnis zur Zu-
rückziehung von Vorlagen bestehen kann,
eine solche Maßnahme vielmehr wieder-
um auf Beschluß des BR beruhen muß.
Da das Erforderliche nach Maßgabe eines
solchen zu geschehen hat, so steht auch
ihm das Ermessen der Erforderlichkeit zu.
Besonders bestritten ist
3. die Frage, wie lange er auf unsank-
tionierte Reichstagsbeschlüsse wirksam
beschließen könne, mit anderen Worten,
ob sie mit Ablauf von Session, Legisla-
turperiode oder eines modicum tempus
oder nach Neuwahlen erlöschen oder zeit-
lich unbegrenzt oder bis zu gegenteiligem
Reichstagsbeschluß bestehen bleiben. Die
Praxis des BR nahn letzteres an, was dem:
konstitutionellen Wesen wenig entspricht,
weil in der Politik die ratio temporum ha-
bita eine berechtigte Rolle hat; der Reichs-
tag begehrte auch 1904 mittels Resolution
einen einschränkenden Zusatz zu R 5, der
aber nicht erfolgt ist. Solange solche Fra-
gen nicht durch positive Bestimmungen
geklärt sind, ist praktisch davon auszu-
gehen: Die Entscheidung über die Zuläs-
sigkeit einer Handlungsweise kommt je-
dem Faktor (Kaiser, BR, Reichstag) für
seinen Tätigkeitsbereich zu; ein verkün-
digtes Reichsgesetz ist nach R 2 rechtsver-
bindlich und es besteht kein behördliches
Prüfungsrecht, das weiter ginge als auf
die Existenz der Verkündigung.
4. Der Grundsatz, daß alle Reichstags-
beschlüsse zunächst an den BR zu leiten
sind, wird auch beobachtet bezüglich der
Petitionen, deren Überweisung der Reichs-
tag an den Reichskanzler begehrt, R 23,
und bezüglich der von ihm genehmigten
Staatsverträge, bezüglich welcher letzteren
o‘.
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die Zustimmung des BR jedoch schon
zum Abschluß nötig ist, R 11 Abs 3.
IX. (Sonstige Tätigkeit des BR.) Abge-
sehen von der Legislative ist der BR ein
Organ der Rechtsetzung durch Ausübung
eines weit ausgedehnten Verordnungs-
rechts. Nach R 7 beschließt er über die
zur Ausführung der Reichsgesetze erfor-
derlichen allgemeinen Verwaltungsvor-
schriften und Einrichtungen, sofern nicht
durch Reichsgesetz etwas anderes be-
stimmt ist. Mit andern Worten, er hat die
Verordnungs - und Organisationsgewalt,
soweit sie nicht in anderer Weise vorge-
sehen ist. Eine Abzweigung geschah na-
mentlich für das Militär-, Marine-, Post-
und Telegraphenwesen, wo verfassungs-
mäßig der Kaiser die Zuständigkeit be-
sitzt, R 50, 53, 635, 68. Auch kann das Ver-
ordnungsrecht den Einzelstaaten oder dem
Reichskanzler delegiert sein. Die Frage,
wofür ein Gesetz nötig, und wann umge-
kehrt eine Verordnung genügt, ward eine
das Staatsrecht jeder Art durchziehende
Kontroverse. Die Bestimmungen der Ver-
fassung, welche „Gesetzgebung‘‘ bald im
materiellen Sinn (Anordnung von Rechts-
regeln), bald im formellen (äußerer Vor-
gang auf dem Weg der Legislative)
nehmen, haben zur Klärung wenig beige-
tragen. Insbesondere gab gerade das
Wort „Verwaltungsvorschriften‘‘ Anstoß
zu verschiedener Deutung. Die gemeine
Meinung erblickt darin den Gegensatz zu
Rechtsvorschriften und könnten daher
solche im Verordnungsweg nur auf Grund
spezieller reichsgesetzlicher Delegation er-
lassen werden. Andere messen dem BR
die Befugnis zu Vollzugsverordnungen
auch einschließlich von Rechtsvorschriften
bei, indem sie in jenem Wort nicht „Vor-
schriften für die Verwaltung‘, sondern
„von der Exekutive erlassene‘‘ sehen. Je-
denfalls ist sicher, daß Gesetzesrecht nicht
ohne weiteres durch Verordnung aufge-
hoben werden darf. Im übrigen hat die
Praxis sich dem Vordringen der strengeren
Ansicht allmählich angepaßt und finden
sich deshalb meist in den neueren Ge-
setzen ausdrückliche Ermächtigungen.
An der unmittelbaren Reichsverwaltung
ist, abgesehen von seinem Normengebiet,
der BR regelmäßig nur insofern beteiligt,
als ihm ein Kontrollrecht in dem Sinn zu-
steht, R 73, über Mängel zu beschließen,
welche bei der Ausführung der Reichge-
setze oder Vollzugsvorschriften und -ein-