28 Adelsanmaßung.
schriebenen drei Gattungen alle Abstu-
fungen vertreten.
Verteilt sich das „Adelsabenteurertum“
in einer Familie auf mehrere Geschlechts-
folgen, d. h. liegen zwischen dem Zeit-
punkte der einsetzenden Adelsanmaßung
und demjenigen der Duldung seitens der
genealogisch-heraldischen Fachwelt, der
hohen Gesellschaftskreise, der Höfe, der
Behörden, der Staatsregierungen usw
mehrere Menschenalter, so ist es über-
haupt nicht mehr gestattet, von einem
Adelsabenteurertum zu sprechen. In die-
sem Falle tritt nämlich nach manchen Lan-
desgesetzgebungen „Adelsersitzung‘“ ein.
Es ist also in einem gewissen Sinne eine
Stufenleiter, wenn man die Begriffe:
„Adelsanmaßung “, ‚, Adelsabenteurer-
tum‘‘ und „Adelsersitzung‘‘ nebeneinan-
der stellt. Damit soll aber durchaus nicht
behauptet werden, daß jede Adelsersit-
zung ihren Ursprung in einer bewußten
Adelsanmaßung habe. Es gibt im Gegen-
teil ersessenen Adel, bei dem der Anfang
der Ersitzung mit durchaus gutem Glauben
beginnt, und nur in denjenigen Fällen, bei
denen der schlechte Glaube beim Beginn
der Adelsanmaßung wenigstens nicht di-
rekt nachweisbar ist, kann man meiner
Ansicht nach überhaupt von einer „Adels-
ersitzung‘‘ im Rechtssinne sprechen.
Unter Adelsfälschern verstehe ich Per-
sonen, die gutgläubigen Auftraggebern
gefälschte Adelsbeweise liefern. Solche
Adelsfälscher sind selbstverständlich ganz
gewöhnliche Urkundenfälscher in gewinn-
süchtiger Absicht.
Im übrigen können die vorbezeichneten
Tatbestände naturgemäß die Merkmale
des strafbaren Betruges enthalten, brau-
chen dieses aber nicht zu tun und tun es
regelmäßig dann nicht, wenn lediglich
Eitelkeit die Triebfeder ist. S 360
Nr 8 bedroht jeden, der „unbefugt
Adelsprädikate annimmt‘, mit Geldstrafe
bis zu 150 M oder mit Haft bis zu sechs
Wochen. Durch diese Fassung wird die
bewußte „Adelsanmaßung‘ im vorge-
schilderten Sinne unter Strafe gestellt.
Der Mangel der Befugnis ist vom Straf-
richter selbst festzustellen. Darin liegt ein
Doppeltes: die Feststellung des tatsäch-
lichen Mangels der Befugnis, also etwas
Objektives, und die Feststellung des Be-
wußtseins, daß die Befugnis mangelt oder
mangeln kann, oder, mit noch anderen
Worten, die Feststellung, ob guter oder
schlechter Glaube vorhanden ist, bzw gu-
ter Glaube überhaupt angenommen wer-
den kann, also etwas Subjektives.
In Preußen soll vor Einleitung des
Strafverfahrens eine Verwarnung durch
die Polizeibehörde eintreten. Ist diese er-
folgt, so ist bei festgestellter Führung
nach Empfang der Verwarnung und bei
festgestelltem tatsächlichen Mangel der
Befugnis regelmäßig auch der gute
Glaube zu verneinen,
Bei Feststellung dieses tatsächlichen
Mangels der Befugnis ist der Strafrichter
unter allen Umständen selbständig, wenn
noch keine Entscheidung der Adelsbe-
hörde vorliegt. In den Ländern, in denen
die Zugehörigkeit zum Adel von der Ein-
tragung in die Adelsmatrikel (Bayern,
Württemberg) oder in das Adelsbuch
(Sachsen) (s. die betreffenden Artikel) ab-
hängig ist, ohne eine solche ein Adel
nicht vorhanden sein kann, ist die Ent-
scheidung der Vorfrage lediglich auf die
Feststellung der Eintragung zu beschrän-
ken. Für Preußen herrscht über die
Frage, ob der Strafrichter auch dann bei
Feststellung des tatsächlichen Mangels
der Befugnis selbständig ist, wenn bereits
eine Entscheidung des Heroldsamtes vor-
liegt, oder ob er an diese Entscheidung
gebunden ist, Streit. Nach allen älteren
Entscheidungen höchster Gerichte sollte
die Entscheidung des Heroldsamtes für
ihn nur den Wert eines Gutachtens haben.
Neueste Entscheidungen gehen vereinzelt
dahin, auch den Strafrichter, wie übrigens
auch den Zivilrichter, den Registerrichter
und den Richter für Akte der freiwilligen
Gerichtsbarkeit, von ganz besonders ge-
arteten Fällen abgesehen, an die Entschei-
dungen des Heroldsamtes gebunden zu
erachten. Das praktische Bedürfnis
scheint sich hier, gegenüber aus C 260
sich ergebenden Bedenken, siegreich
erweisen zu wollen, denn es würde
„eine Gefährdung des Staatsgedankens
und der in der Person des Monarchen
verkörperten Staatseinheit bedeuten,
wenn die Gerichte in der Lage
wären, sich mit den Entscheidungen
des Heroldsamtes in Fragen, welche zu
dessen ausschließlicher Kompetenz gehö-
ren, in Widerspruch zu setzen“,
(Thiele)
Thiele Die Stellung des Heroldsamts zu den Gerichten,
Arch f. öffentl Recht 2485 ff; Olshausen Kommentz.$;
Oppenhoft Komment z.S, Deutscher Herold 08 150 f,
Deutsch Adelsbl 09 254 fi u. 266 ff. Über die kulturellen Er-
scheinungen der Adelsanmaßung, des Adelsschwindels, des