Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

324 
Chile, Republik, Verfassung von 1833; 
die Gesetzgebung wird durch Senat und 
Deputiertenkammer ausgeübt. 
Chirographa s. Kirchenrecht, katholi- 
sches. 
Cholera s. unter Seuchengesetzge- 
bung. 
Chomageversicherung ist die Ver- 
sicherung des entgehenden Gewinnes, 
z. B. Mietsverlustversicherung. 
chrisma, das von Bischöfen bereitete 
Salböl. 
Christkatholiken s. Altkatholiken. 
Christliche Philosophie (des Mittel- 
alters). Die C hat bereits frühzeitig mit 
der Profanphilosophie eine Verbindung 
gesucht, insbesondere unter der Einwir- 
kung platonischer Ideen gestanden. Die 
Philosophie der Kirchenväter heißt Patri- 
stik; erst vom 11. Jahrh an beginnt die 
eigentliche christliche Philosophie, die 
Scholastik oder Philosophie der Kirchen- 
lehrer. 
I. Unter den Philosophen der Patristik 
seien Origines und Augustin genant. Ori- 
gines ist 185 in Ägypten geboren und 254 
in Tyrus gestorben; sein Hauptwerk han- 
delt über die Grundlehren, negi doywr, 
und ist eine systematische Verbindung 
christlicher Gnosis mit Philosophie. — 
Der Kirchenvater Aurelius Augustin ist 
354 in Thagaste in Numidien als Heide 
geboren, dem katholischen Christentum 
ewonnen worden und als Bischof von 
ippo Rhegius 430, während die Vanda- 
len Hippo belagerten, gestorben. Sein 
Hauptwerk, de civitate Dei, besteht aus 
22 Büchern. Augustin unterscheidet den 
Gottesstaat, civitas coelestis, dessen Ent- 
wickelung sechs Perioden durchlaufe, und 
dessen sechste Periode mit Christus be- 
ginne, von dem weltlichen Staat, civitas 
terrena.. Der weltliche Staat sei eine 
Frucht der Sünde, denn die ersten Staa- 
tengründer, Kain und Romulus, seien 
Brudermörder gewesen. Die civitas ter- 
ıena verfolge zwar die Aufrechterhaltung 
des irdischen Friedens, sei aber gleich- 
wohl eine sündige Gemeinschaft; sie 
werde aeternum supplicium subire cum 
diabolo, um dem Gottesstaate Raum zu 
geben, der dann allein herrschen werde. 
Bis dahin sei es aber die Aufgabe der ci- 
vitas terrena, der Kirche zu dienen, ihre 
Lehre zu schützen, die Irrlehre aber zu 
verfolgen und zu bestrafen. — Unter den 
  
Chile — Christliche Philosophie. 
späteren ragt besonders Isidor von Sevilla 
hervor; s. Pseudoisidorische Sammlung. 
ll. Die Scholastik will Glauben und 
Wissen verbinden, indem sie den Gegen- 
satz, der das anbefohlene Dogma von dem 
denkenden Selbstbewußtsein trennt, zu 
überbrücken trachtet. Albertus Magnus, 
1193 bis 1280, ist der erste systematische 
Scholastiker, der die aristotelische Philo- 
sophie mit der arabischen verbindet und 
ein Lehrgebäude des kirchlichen Dogmas 
errichtet. Seine Name war Albert von 
Bollstädt; wegen seiner großen Gelehr- 
samkeit erhielt er den Beinamen Mag- 
nus. — Thomas von Aquino, 1225 (oder 
1227) bis 1274, war Dominikaner und 
Schüler des Albert Magnus. Seiner außer- 
ordentlichen Beherrschung des Stoffes 
und der vollendeten Anpassung aristote- 
lischer Lehrsätze an die Forderungen der 
rechtgläubigen Kirche verdankte er es, 
daß er noch bei seinem Leben als Doctor 
angelicus (wegen seiner englischen Rein- 
heit) gepriesen und ein halbes Jahrhun- 
dert nach seinem Tode kanonisiert wurde. 
Sein Hauptwerk ist die Summa philoso- 
phiae de veritate fidei catholicae contra 
gentiles (4 Bücher). Nach ihm ist die Frei- 
heit vernunftgemäßes Handeln; der Wille 
ist zwar frei, unterliegt aber der Notwen- 
digkeit, dem Endzwecke zuzustreben. Er 
unterscheidet drei Arten der Lex: 1. die 
lex aeterna, d. i. der göttliche Geist, 
dessen ratio die Welt beherrscht; 2. die 
lex naturalis, vermöge deren die Men- 
schen an der lex aeterna teilhaben und 
Gutes und Böses zu unterscheiden ver- 
mögen; 3. die lex humana, die von den 
Menschen erfunden ist. Die Fürsorge 
für die menschliche Gemeinschaft in ihren 
letzten Zielen sei der Kirche anvertraut. 
Darum müsse der Staat der Kirche gehor- 
chen; die Herrscher seien gehalten, die 
Weisungen des Papstes zu befolgen. — 
Gegner des Thomas war der englische 
Franziskanermönch Johannes Duns Sco- 
tus, der 1308 in Köln starb. Er verteidigte 
das Dogma der unbefleckten Empfängnis 
der Jungfrau Maria gegen die Domini- 
kaner und erhielt dafür den Titel Doctor 
subtilis. Sein Hauptgrundsatz ist: volun- 
tas est superior intellectu; hiernach hat 
der menschliche Wille das Recht der 
freien Wahl, ist also nicht durch den Ver- 
stand determiniert. Hauptwerk des Duns 
ist das Opus Oxiense, ein großer Oxfor- 
der Kommentar zu den Sentenzen Peters
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.