Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Doppelbesteuerung. — Doppelbewußtsein. 
Aufenthalt, etwa zum Besuch, gemeint, | 
sondern das, was B 1320 und andere ! 
reichsrechtliche Vorschriften als gewöhn- 
lichen Aufenthalt bezeichnen. Grundbe- 
sitz und Gewerbe dürfen nach wie vor 
nur im Staate der Belegenheit, des Betrie- 
bes besteuert werden, 8 3. Befinden sich 
die Betriebsstätten eines Unternehmens, 
also Hauptsitz, Zweigniederlassungen, 
überhaupt Geschäftseinrichtungen aller 
Art, in mehreren Einzelstaaten, so hat 
jeder nur ein anteiliges Besteuerungs- 
recht. Bei dieser Teilung ist auch der- 
jenige Staat zu berücksichtigen, in dessen 
Gebiet nur Ausgaben entstehen, wo z. B. 
nur eine Fabrikationsstätte liegt; der 
Staat, von dem aus der Verkauf geschieht, 
wo- sich die Leitung des Unternehmens 
befindet, darf nicht dessen ganzen Ertrag 
für sich als Steuergegenstand in Anspruch . 
nehmen; vielmehr wird es gerechtfertigt 
sein, die Hälfte dem Staate der Fabrika- 
tion zu überlassen. Im übrigen wird die 
Teilung zweckmäßig nach dem Betriebs- 
umfang zu erfolgen haben. Gerechtfertigt 
ist es aber, dem Staate, in dem sich die 
Betriebsleitung befindet, der Sitz des Un- 
ternehmens, der Gesellschaft, einen Vor- 
aus zur Besteuerung zuzuweisen, z. B. 1/,o 
des in den übrigen Staaten erzielten Er- 
trages, in Anerkennung dessen, daß ein 
Teil davon der Tätigkeit der Leitung zu 
verdanken ist. 
Wird jemand auch in einem anderen 
Einzelstaate herangezogen, so ist ihm 
hier die Steuer auf Antrag bis zur Ent- 
scheidung der Frage zu stunden, $ 4; Be- 
schwerden wegen D sind innerhalb eines 
Jahres nach ihrer endgültigen Feststellung 
anzubringen und können nicht wegen Ver- 
säumung der landesgesetzlichen Rechts- 
mittel- oder Erstattungsfristen zurückge- 
wiesen werden, $ 6. 
Beseitigt ist hiernach die Vorschrift des 
8 4 des Gesetzes von 1870, wonach Be- 
amten- (Militär-) Gehälter und (Hinter- 
bliebenen-) Pensionen nur der zahlende 
Staat besteuern durfte; Preußen hat da- 
nach zugunsten der kleineren Staaten auf 
die Steuer vom Gehalt seiner zahlreichen, 
insbesondere im Eisenbahndienst beschäf- 
tigten Beamten verzichtet, die in einem 
anderen Einzelstaate ihren Dienstwohn- 
sitz haben. 
Finanzarchiv 5 138; prVerwBl 24 876; Fischer Die 
Doppeibesteuerung in Staat und (iemeinde. 
Heymanns Verlag, 1909; siehe ferner die literatur zum Art 
Einkomıinensteuer. Maatz, 
367 
Doppelbewußtsein beruht auf einer 
Unterbrechung der Kontinuität in dem Be- 
wußtsein der Persönlichkeit; man bezeich- 
net diese Erscheinung auch mit dem 
Namen „alternierendes Bewußtsein‘, „se- 
cond etat‘‘ der französischen Autoren. 
Der Inhalt des Bewußtseins in diesem 
Zustande ist von dem des Bewußtseins 
der Persönlichkeit im normalen abwei- 
chend, so daß hier tatsächlich das Be- 
wußtsein der Persönlichkeit in zwei von- 
einander unabhängige Gruppierungen 
sich zerfallen zeigt. Die Erinnerung er- 
streckt sich immer nur auf die gleich- 
sinnigen Phasen zurück. Von den Däm- 
merzuständen ist nach Wernicke 
(Grundriß der Psychiatrie 310 ff) das 
; „alternierende Bewußtsein‘ zu trennen, 
weil jene durch Benommenheit und 
ausgeprägte Desorientiertheit in der 
Außenwelt der Umgebung sich kenn- 
ı zeichnen und auch dadurch sich zu 
  
erkennen geben, während bei diesem 
die Desorientiertheit sich auf die ei- 
gene Persönlichkeit erstreckt. Die für 
die normale Persönlichkeit maßge- 
benden und sie beeinflussenden bzw zu- 
sammensetzenden überwertigen ethischen 
Ideen treten zurück und es resultiert ein 
veränderter minderwertiger Charakter, der 
seinen Antrieb zu Handlungen aus der je- 
weilig vorliegenden Situation und den ge- 
gebenen sinnlichen Eindrücken nach Maß- 
gabe einfachster egoistischer Beweg- 
gründe schöpft. Der „second Etat‘ ent- 
wickelt sich meist auf der Grundlage epi- 
leptischer, hysterischer oder alkoholis- 
tisch-degenerativer Krankheit; es fallen 
ihm nur schwer belastete Individuen (De- 
generierte) anheim. Die Erinnerung an 
den überstandenen Krankheitszustand 
fehlt in der normalen bzw wieder gesun- 
deten Persönlichkeit oder erstreckt sich 
nur auf einzelne in dem krankhaften Zu- 
stand verübte Handlungen bzw auch auf 
sämtliche, aber nur verschwommen und 
gleichsam summarisch. Forel erwähnt 
einen Fall, der auf 8 Monate hinaus sich 
im „second &tat‘‘ befand, und bezieht die 
Amnesie für die Zeit dieses Zustandes auf 
verminderte Merkfähigkeit. Ebenso hält 
Wernicke diese bei einer relativ guten 
Aufmerksamkeit für ein besonderes Kenn- 
zeichen des „alternierenden Bewußt- 
: seins‘, das ferner eine leicht gehobene 
Berlin, Carl | 
Stimmung, leichtlebige Auffassung der ge- 
gebenen Lebenslage und auch eine ge-
	        
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