Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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linge zum Vater und den väterlichen Ver- 
wandten als Verwandtschaft gesetzlich an- 
erkannt ist. c. Ehebruch, 1312, 1328. 
Nicht dieser an sich, sondern seine urteils- 
mäßige Feststellung als Scheidungsgrund 
unter Bezeichnung des anderen Teils, 
Z 624, verhindert die Ehe zwischen ihm 
und dem ehebrecherischen Gatten. Mit- 
schuld des anderen ist nicht erforderlich, 
RG 49 83; Befreiung, auch nach Einge- 
hung der verbotenen Ehe, zulässig. d. Ge- 
schäftsunfähigkeit und die ihr gleichge- 
stellten Zustände zur Zeit des Ehe- 
schlusses, 1325, übereinstimmend mit den 
allgemeinen Grundsätzen in B 105. Über 
Heilung s. oben. e. Nur als Nichtigkeits- 
grund, nicht als eigentliches Hindernis, 
sei erwähnt der Formmangel, 1317, 1324. 
Zuständig für die Bewilligung der vor- 
erwähnten Befreiungen ist der Bundes- 
staat, dem dic behinderte Person angehört 
ev der Reichskanzler, 1322. Nichtdeutsche 
sind von der Befreiung ausgeschlossen. 
Die landesgesetzlich mit der Befreiung be- 
trauten Organe sind bald der Landesherr, 
bald der Minister, bald das Amtsgericht. 
3. Die privaten-trennenden Hinder- 
nisse (Anfechtungsgründe): a. Mangelnde 
Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, 
1304, 1331. Zur wirksamen Eheschließung 
beschränkt Geschäftsfähiger ist allge- 
meinem Grundsatz entsprechend die Ein- 
willigung des gesetzlichen Vertreters er- 
forderlich, deren Mangel jedoch nicht 
den Schwebezustand nach 108, sondern 
Anfechtbarkeit nach sich zieht. Vormund- 
schaftsgerichtliche Ersetzung ist — aber 
nur gegenüber einem Vormund — statt- 
haft; desgleichen bei verweigerter Geneh- 
migung der bereits geschlossenen Ehe, 
1337. In einer solchen herrscht gesetziich 
Gütertrennung, 1364. Fehlen der Ein- 
willigung bei der Bestätigung einer nach 
1325 nichtigen Ehe durch den beschränkt 
geschäftsfähigen Gatten, läßt die Ehe an- 
fechtbar werden. b. Irrtum, 1332, 1333, 
1350. Fehlen des Eheschließungswillens 
bei der Erklärung, sei es aus Unkenntnis, 
um was es sich handelt, sei es aus Irr- 
tum über die Bedeutung des Erklärten 
als Äußerung des Eheschließungswillens 
zieht, abweichend von 1191, ohne wei- 
tere Voraussetzungen Anfechtbarkeit 
nach sich, ebenso Irrtum über die Identi- 
tät des anderen Gatten; Irrtum über 
dessen persönliche Eigenschaften da- 
gegen nur, wenn sie bei Kenntnis der 
  
Ehehindernisse. 
Sachlage und bei verständiger Würdi- 
gung des Wesens der Ehe von der Ein- 
gehung abgehalten hätten. Der Begriff 
der persönlichen Eigenschaften ist streitig. 
Nach RG 52 306: „das einer Person nicht 
bloß als ein außer ihr liegendes, mehr 
oder weniger vorübergehendes und zu- 
fälliges, sondern so wesentlich zu- 
kommende Merkmal, daß es als Ausfluß 
und Betätigung ihres eigentlichen We- 
sens, als integrierender Bestandteil ihrer 
Individualität erscheint.‘ Daher nicht 
bloß gelegentliche Verfehlungen, RG in 
JW 07 257, oder ein nicht dauerndes, zu 
beseitigendes Leiden, JW 06 167, 04 284; 
dagegen Charakterfehler, moralische An- 
lagen, sittlicher Makel (z. B. vorehelicher 
Geschlechtsverkehr der Frau, je nach dem 
Ehrbegriffe des Standes, der Lebensstel- 
lung, dem Bildungsgrade der Beteiligten 
— Gruch Beitr 45 835 —, vorehelicher 
des Mannes regelmäßig nicht, wohl aber 
als ehebrecherischer — SeuffA 59 458, 
Hang zu Betrügereien — JW 05 532), 
geistige und körperliche Krankheit, RG 
im Recht 08 Beil 203; JW 05 175, Bei- 
wohnungsunfähigkeit, RG 67 56; JW 06 
355; nicht ohne weiteres Fortpflanzungs- 
unfähigkeit, da nach RG in JW 06 389 
die Erzeugung von Kindern „nicht den 
obersten aus dem Wesen der Ehe abge- 
leiteten Zweck der Eheschließung bil- 
det‘‘. — Der Eigenschaftsmangel muß ob- 
jektiv und subjektiv erheblich sein, daher 
ist der einzelne Fall nicht abstrakt, son- 
dern konkret zu beurteilen (RG im 
Recht 08 Beil. 93 verneint Anfechtbarkeit 
wegen Irrtums über die Jungfräulichkeit 
mit Rücksicht auf die vom Ehemann be- 
tätigten, überaus laxen sittlichen Auf- 
fassungen). c. Täuschung, 1334. Sie muß 
nicht nur, wie nach 123, für den Willens- 
entschluß des anderen kausal, sondern 
auch objektiv im Hinblick auf das Wesen 
der Ehe erheblich gewesen sein. Auch 
kommen hier abweichend von der Irr- 
tumsanfechtung noch andere Umstände, 
als persönliche Eigenschaften, in Betracht, 
ausgenommen allerdings die Vermögens- 
verhältnisse. Bei Täuschung durch einen 
Dritten (Heiratsvermittler) ist Kenntnis, 
nicht bloßes Kennenmüssen, des Gatten 
beim Eheschluß notwendig. Bloßes 
Verschweigen einer Tatsache kann als 
Täuschung gelten, doch besteht eine un- 
bedingte gegenseitige Aufklärungspflicht 
der Verlobten über alle ihre Verhältnisse
	        
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