Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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beseitigendes Hindernis entgegensteht, 
welches von dem Kläger nicht verschuldet 
ist, oder wenn die Erfolglosigkeit des 
Sühneversuchs mit Bestimmtheit voraus- 
zusehen ist. Der Termin zur mündlichen 
Verhandlung darf erst nach Befolgung der 
Vorschriften über den Sühneversuch an- 
beraumt werden. Ist er bestimmt, ohne 
daß diesen Vorschriften genügt ist, so 
kann der Sühneversuch auch nachträglich 
auf Antrag des Klägers vom Amtsgericht 
abgehalten werden. Auch kann der 
Mangel dadurch geheilt werden, daß das 
Prozeßgericht selbst die Sühne versucht 
oder, wenn es dies für aussichtslos hält, 
von einem nachträglichen Sühneversuch 
ganz absieht. 
Die Prozeßfähigkeit ist insofern erwei- 
tert, als ein in der Geschäftsfähigkeit be- 
schränkter Gatte in Eh regelmäßig pro- 
zeßfähig ist. Er ist ausnahmsweise nicht 
prozeßfähig, wenn die Ehe nur von dem 
gesetzlichen Vertreter angefochten wer- 
den kann. Dies ist dann der Fall, wenn 
die Ehe um deswillen anfechtbar ist, weil 
der Ehegatte zur Zeit der Eheschließung 
in der Geschäftsfähigkeit beschränkt und 
die Eheschließung ohne Einwilligung des 
gesetzlichen Vertreters erfolgt war. 
Für einen geschäftsunfähigen Ehegatten 
wird der Rechtsstreit durch den gesetz- 
lichen Vertreter geführt. Dieser bedarf 
zur Erhebung der Scheidungsklage oder 
der Anfechtungsklage der Genehmigung 
des Vormundschaftsgerichts. Die Erhe- 
bung der Klage auf Herstellung des ehe- 
lichen Lebens ist ihm ausdrücklich ver- 
sagt, weil es sich dabei stets um aus- 
schließlich die persönlichen Beziehungen 
der Ehegatten berührende und darum 
einer Vertretungsmacht unzugängliche 
Fragen handelt. 
Der Prozeßbevollmächtigte des klagen- 
den oder widerklagenden Ehegatten (auch 
der sog Armenanwalt) bedarf stets einer 
besonderen Vollmacht, deren Mangel das 
Gericht von Amts wegen zu berücksich- _ 
tigen hat. 
Bis zum Schlusse derjenigen münd- 
lichen Verhandlung, auf welche das Urteil 
ergeht, können neue, d. h. andere als die 
in der Klage vorgebrachten Klagegründe 
geltend gemacht werden und zwar sowohl 
durch Klage als durch Widerklage und 
gleichviel, ob die neuen Gründe schon zur 
Zeit der Klageerhebung entstanden waren 
oder :sich auf nachträgliche Vorgänge 
  
  
Ehesachen. 
gründen. Dies gilt auch für die Berufungs- 
instanz. 
Ist der Kläger mit der Scheidungsklage 
oder der Anfechtungsklage sachlich abge- 
wiesen, so kann er das Recht, die Schei- 
dung der Ehe zu verlangen oder die Ehe 
anzufechten, nicht mehr auf Tatsachen 
gründen, die er in dem früheren Recht- 
streit geltend gemacht hat oder geltend 
zu machen unterlassen hat. 
Die Klage auf Herstellung des ehelichen 
Lebens, die Ehescheidungsklage und die 
Anfechtungsklage können bis zum 
Schlusse der mündlichen Verhandlung, 
auf die das Urteil ergeht, sowohl in erster 
als in zweiter Instanz verbunden werden. 
Dagegen ist die Verbindung dieser Kla- 
gen mit anderen Klagen sowie die Er- 
hebung einer Widerklage anderer Art un- 
statthaft. 
In der mündlichen Verhandlung ist die 
Öffentlichkeit schon dann auszuschließen, 
wenn eine Partei es verlangt, G 171. 
Das Gericht kann das persönliche Er- 
scheinen einer Partei zum Zwecke ihrer 
Vernehmung anordnen und durch Maß- 
regeln, wie sie gegen einen ausbleiben- 
den Zeugen statthaft sind, erzwingen. 
Nur darf die Haft als Zwangsmittel nicht 
angewendet werden. 
Die Vorschrift über die Wirkung eines 
Anerkenntnisses kommt in Eh nicht zur 
Anwendung. Es gibt also kein Anerkennt- 
nisurteil in Eh. Ebensowenig gibt es ein 
Versäumnisurteil gegen den Beklagten 
oder Widerbeklagten. Nur gegen den 
Kläger ist ein solches zulässig. 
Außer Anwendung bleiben auch die 
Vorschriften über die Folgen der unter- 
bliebenen oder verweigerten Erklärung 
über Tatsachen oder über Echtheit von 
Urkunden, ferner über den Verzicht der 
Parteien auf die Beeidigung von Zeugen 
und Sachverständigen, über die Wirkung 
eines gerichtlichen Geständnisses und die 
Erlassung eines Eides, über die Eideszu- 
schiebung und den Antrag, dem Gegner 
die Vorlegung einer Urkunde aufzugeben, 
sofern es sich dabei um solche Tatsachen 
handelt, welche die Scheidung oder die 
Anfechtung der Ehe oder das Recht, die 
Herstellung des ehelichen Lebens zu ver- 
“ weigern, oder welche die Nichtigkeit oder 
Gültigkeit, das Bestehen oder Nichtbe- 
stehen der Ehe begründen sollen. 
In Ehescheidungsprozessen findet, um 
eine Aussöhnung der Parteien zu ermög-
	        
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