Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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Steuer schöpft, sich stetig erneuern kön- 
nen; das ist aber nicht das Vermögen, 
sondern das Einkommen einer Person, 
d. h. die Summe, der Inbegriff der ihr re- 
gelmäßig aus den ihr zustehenden Er- 
tragsquellen zufließenden Sachgüter, über 
die sie ohne Verminderung ihres Vermö- 
gens verfügen kann, in erster Linie zur 
Befriedigung ihres Lebensunterhalts und 
desjenigen der nach Gesetz auf den Un- 
terhalt von ihr angewiesenen Angehö- 
rigen, weiterhin aber auch zur Bildung 
neuen Vermögens. 
Auf neue Orundlagen stellte die Ek in 
Preußen das Gesetz vom 24. Juni 1391, in 
einzelnen Beziehungen abgeändert durch 
die Gesetze vom 19. Juni 1906 und vom 
26. Mai 1909, GS 85; Ausführungsanwei- 
sung vom 25. Juli 1906. Seine Grund- 
züge sind folgende: 
Als Landesgesetz ist es an die ihm vom 
Reichsdoppelbesteuerungsgesetz (vgl Ar- 
tikel Doppelbesteuerung) gezogenen 
Schranken gebunden, einmal wegen der 
Steuersubjekte:: zu dieser Staatssteuer her- 
angezogen werden darf ein Deutscher nur 
dort, wo er seinen Wohnsitz hat, in des- 
sen Ermangelung seinen gewöhnlichen 
Aufenthalt; hat jemand sowohl in seinem 
Heimatstaat Wohnsitz wie in einem an- 
deren Bundesstaate, so geht ersterer vor, 
ebenso der dienstliche Wohnsitz. Von 
den Steuerobjekten werden die Erträge 
aus Grundbesitz und aus Gewerbebetrieb 
von dem Staate der Belegenheit besteu- 
ert, während also Renten und Arbeitser- 
träge am Wohnsitz zu versteuern sind. 
Wird hinzugenommen, daß die deutschen 
Schutzgebiete, Helgoland (Österreich) 
steuerlich als außerpreußisches deutsches 
Gebiet gelten, so sind die Vorschriften der 
S8 1 und 2 des Gesetzes über die subjek- 
tive Steuerpflicht der Deutschen verständ- 
lich; ein Preuße wird erst durch mehr als 
zweijährigen dauernden Aufenthalt im 
Auslande steuerfrei, während ein Auslän- 
der in Preußen steuerpflichtig wird durch 
Wohnsitz, durch Aufenthalt zwecks Er- 
werbes oder länger als zwei Jahre. Neben 
diesen natürlichen Personen ist eine be- 
stimmte Anzahl von Vereinen subjektiv 
steuerpflichtig, Aktiengesellschaften, Ak- 
tienkommanditgesellschaften, Bergge- 
werkschaften, Konsumvereine, Gesell- 
schaften m.b. H., mit einigen Ausnahmen, 
und eingetragene Genossenschaften, 
wenn der Betrieb der letzteren über den 
  
Einkommensteuer. 
Mitgliederkreis hinausgeht, d. h. wenn sie 
Geschäfte, die nach dem Gegenstande des 
Unternehmens mit den Mitgliedern abge- 
schlossen werden sollen, mit Nichtmitglie- 
dern abschließen, wenn also eine Ein- 
kaufsgenossenschaft die eingekauften 
Rohstoffe auch an Dritte abläßt, eine Ver- 
kaufsgenossenschaft auch Waren Dritter 
ins Magazin nimmt. Bei Kreditgenossen- 
schaften ist die Annahme von Geldern 
Dritter, von Depositen, Sparguthaben so 
lange kein Hinausgehen über den Kreis, 
als nicht dauernd dadurch mehr Mittel be- 
schafft werden, als das Kreditbedürfnis 
der Mitglieder erfordert. Diese unbe- 
schränkte Steuerpflicht, die auch auslän- 
disches Einkommen ergreift, wird ergänzt 
durch die beschränkte; die Erträge der na- 
türlichen und der genannten nicht natür- 
lichen Personen von in Preußen belege- 
nen Grundstücken oder gewerblichen Be- 
triebsstätten sind ohne Rücksicht auf 
Wohnsitz usw steuerbar. Die Steuerfrei- 
heit der Mitglieder des Königshauses, der 
Gesandten usw, 8 3, ist die einzige Aus- 
nahme von der Allgemeinheit der Steuer. 
Bei der unbeschränkten Steuerpflicht 
wird dem Einkommen des Ehemannes 
dasjenige seiner Frau stets zugerechnet, 
sie müßte denn dauernd von ihm getrennt 
leben, $ 10, wobei nicht sowohl der zeit- 
liche Gesichtspunnkt in Betracht kommt 
— ebenso auch nicht bei dem Wohnsitzbe- 
griff mit seiner Absicht dauernder Beibe- 
haltung einer Wohnung an einem Orte, 
bei dem Begriff Betriebsstätte mit seinen 
dauernden Anlagen — als die das eheliche 
Band bedrohende Absicht: schon die ge- 
richtlich angeordnete vorläufige Trennung 
ist, auch wenn sie nur kurze Zeit währt, 
solange sie besteht, für dauernd zu erach- 
ten, während eine jahrelange Trennung, 
etwa weil der Mann ins Ausland gehen 
muß, die Frau aber der Schule der Kinder 
wegen hier bleibt, oder weil der Mann 
eine Gefängnisstrafe abbüßt, nicht für 
dauernd zu erachten ist. 
Die objektive Steuerpflicht leitet das 
Gesetz, $ 4, mit der Steuerfreiheit des sog 
Existenzminimums ein, das es auf 900 M 
bemißt. Die Bestimmung der Höhe eines 
Betrages, von dem die Steuerlehre be- 
hauptet, er reiche gerade zum notdürf- 
tigen Unterhalt zu, könne also nichts für 
den Unterhalt der Allgemeinheit abgeben, 
beruht aber nicht sowohl auf diesem 
Grunde, denn sonst würde er nicht auch
	        
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