Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Entmündigungssachen. 
richts zur Beeinträchtigung der persön- 
lichen Willensfreiheit oder gar zu Frei- 
heitsberaubung führen kann. Deshalb ist 
bei der Entm wegen Geisteskrankheit 
oder wegen Geistesschwäche die Mitwir- 
kung der Staatsanwaltschaft vorgeschrie- 
ben. Bei der Entm wegen Verschwen- 
dung oder Trunksucht fällt dieses fort, 
doch kann auch hierbei eine Mitwirkung 
öffentlicher Behörden in Frage kommen, 
nämlich der Armenverbände oder Ge- 
meinden, sofern landesgesetzlich diesen 
die Berechtigung gegeben ist, die Entm 
wegen Verschwendung oder Trunksucht 
zu beantragen, s. Z 687 Abs 5. Zuständig 
für Entmündigungssachen ist das Amts- 
gericht, und zwar ausschließlich dasjenige, 
bei welchem der zu Entmündigende sei- 
nen allgemeinen Gerichtsstand hat, s. Z 
648. Der Antrag auf Entm kann schriftlich 
eingereicht oder zu Protokoll der Ge- 
richtsschreiberei angebracht werden. Zu 
dem Antrag berechtigt sind der Ehegatte, 
ein Verwandter und derjenige gesetzliche 
Vertreter, welchem die Sorge für die Per- 
son des zu Entmündigenden zusteht. So- 
weit es sich um Entm einer Ehefrau han- 
delt, kann ein Verwandter nur darauf an- 
tragen, wenn die eheliche Gemeinschaft 
aufgehoben ist, wenn der Ehemann die 
Ehefrau verlassen hat oder dessen Aufent- 
halt dauernd unbekannt ist. 
Auch wenn eine Person noch unter el- 
terlicher Gewalt oder unter Vormund- 
schaft steht, die Entm also erst in der Zu- 
kunft ihre Wirkung erlangen soll, ist nur 
der Ehegatte oder der gesetzliche Vertre- 
ter zur Antragstellung berechtigt; dane- 
ben aber steht in allen Fällen dem zustän- 
digen Staatsanwalte die Antragstellung 
zu, Z 646 und 647. 
Die Verhandlung und Entscheidung 
kann nach der Einleitung des Verfahrens 
auch dem Amtsgerichte des Aufenthalts- 
ortes überwiesen werden, wenn es mit 
Rücksicht auf die Verhältnisse des zu Ent- 
mündigenden erforderlich erscheint, ins- 
besondere, wenn dieser dort in einer An- 
stalt untergebracht ist. 
Das Gericht hat den zu Entmündigen- 
den persönlich unter Zuziehung eines oder 
mehrerer Sachverständiger zu vernehmen 
und kann zu diesem Zwecke die Vorfüh- 
rung anordnen. Die Vernehmung darf 
nur unterbleiben, wenn sie mit besonde- 
ren Schwierigkeiten verbunden oder nicht 
ohne nachteiligen Einfluß auf den Ge- 
Posener Rechtslexikon I. 
  
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sundheitszustand des zu Entmündigenden 
ausführbar ist, Z 654. 
Dem Gerichte ist es zur Pflicht gemacht, 
von Amts wegen unter Benutzung der sei- 
tens des Antragstellers oder des zu Ent- 
mündigenden oder seines gesetzlichen 
Vertreters angegebenen Tatsachen die 
zur Feststellung seines Geisteszustandes 
erforderlichen Beweise zu erheben. Eine 
Internierung des zu Entmündigenden in 
einer Heilanstalt kann auf die Dauer von 
höchstens 6 Wochen vom Gerichte mit 
Zustimmung des Antragstellers angeord- 
net werden, wenn sie nach ärztlichem Gut- 
achten zur Feststellung des Geisteszu- 
standes geboten erscheint und ohne Nach- 
teile für den Gesundheitszustand des zu 
Entmündigenden ausführbar ist, s. Z 656. 
Genauere Bestimmungen sind in Z 
660 ff getroffen über die Zustellung des 
die Entm aussprechenden Beschlusses, 
und zwar nicht nur, um den Anfang der 
Frist genau zu bestimmen, welche für die 
Erhebung der Anfechtungsklage läuft, 
sondern auch wegen der rechtlichen Wir- 
kungen in bezug auf die Geschäftsfähig- 
keit; denn diese machen die Bestimmung 
eines Zeitpunktes erforderlich, in dem die 
Geschäftsunfähigkeit oder die Beschrän- 
kung der Geschäftsfähigkeit eintritt. 
Wird die Entm abgelehnt, so steht 
dagegen dem Antragsteller und dem 
Staatsanwalt die sofortige Beschwerde zu, 
s. Z 663. Wird die Entm ausgesprochen, 
so beginnt mit der Zustellung die Not- 
frist eines Monats, innerhalb der dem 
Entmündigten und dessen gesetzlichem 
Vertreter, sowie den übrigen zur Antrag- 
stellung berechtigten Personen die Be- 
fugnis gegeben ist, den Beschluß im Wege 
der Klage anzufechten, s. Z 664. Die 
Klage ist gegen den Staatsanwalt zu rich- 
ten, erhoben wird sie aber von diesem 
gegen denjenigen gesetzlichen Vertreter, 
i dem die Sorge für die Person des Ent- 
mündigten zusteht, Z 666. Zuständig ist 
ausschließlich das Landgericht, in dessen 
Bezirk das Amtsgericht seinen Sitz hat, 
welches über die Entm entschieden hat. 
Stellt sich später heraus, daß die Vor- 
aussetzungen der Entm in Fortfall gekom- 
men sind, s. B 6, so kann der Beschluß 
aufgehoben werden. Auch hier ist zu- 
nächst auf Antrag vom Amtsgerichte, bei 
welchem der Entmündigte seinen allge- 
meinen Gerichtsstand hat, Z 676, in eine 
Prüfung des Falles einzutreten und dar- 
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