Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

envoye — Epilepsie. 
envoye& s. Gesandte. 
Enzykliken s. Kirchenrecht, katho- 
lisches. 
Eötvös, Josef Baron von, * 3. Sept 
1813 in Ofen, war von 1833 an kurze Zeit 
Advokat, lebte dann als unabhängiger 
Schriftsteller und nahm regen Anteil am 
politischen Leben seines Vaterlandes, war 
1848 kurze Zeit Kultusminister, wurde 
1856 zweiter, 1866 erster Präsident der 
Ungarischen Akademie, 1867 wieder als 
Führer der liberalen Nationalpartei neben 
Deäk Kultus- und Unterrichtsminister, in 
welcher Stellung er durch das Volksschul- 
gesetz (1868) den Schulzwang einführte. 
Er + 2. Febr 1871. 
Unter seinen zahlreichen Schriften haben von 
den politischen das Gutachten über die Ge- 
fängnisreform (Velemeny a foyhüz javitäs 
ügyeben, Pest 38, deutsch Pest 42), Die Gleich- 
berechtigung der Nationalitäten, Wien 51; Die 
Garantien der Macht und Einheit Österreichs, 
Leipzig 59, u. a. vielfachen Einfluß geübt, vor 
allem ist aber sein staatswissenschaftliches 
Hauptwerk zu nennen: Der Einfluß der 
herrschenden Ideen des 19. Jahrhunderts auf 
den Staat, Wien und Leipzig 51—54, Il (ungarisch 
51, Il), in dem er die Begriffe Freiheit, Gleich- 
heit, Nationalität zu bestimmen sucht, den 
Unterschied zwischen Rechtsgrund und der Ent- 
stehung der Staaten hervorhebt und dieSicherung 
der individuellen Freiheit als Hauptaufgabe des 
modernen Staates bezeichnet, wobei er das 
Prinzip der Selbstregierung (Selbstverwaltung) 
im Gegensatz zu einer übertriebenen Zentrali- 
sation als Abwehrmittel gegen Despotie und 
Revolution empfiehlt. Bogeng. 
Epilepsie gehört zu denjenigen Krank- 
heiten des Hirns, welche für die Ätiologie 
der Psychosen die bei weiten größte 
Wichtigkeit erlangen. Sie äußert sich 
durch die bekannten allgemeinen, den 
ganzen Körper ergreifenden konvulsivi- 
schen Zuckungen bzw Krämpfe, die, an- 
fallsweise auftretend, mit Bewußtlosig- 
keit und Aufhebung der Reflextätigkeit 
verbunden sind. Die Ep(ilepsie) ist ent- 
weder ein Symptom von Herdkrankheiten 
des Gehirns (Hirngeschwülsten) oder eine 
sogenannte funktionelle Hirnkrankheit 
(Neurose) ohne nachweisbare anatomi- 
sche Veränderung des Gehirns; diese 
heißt auch idiopathische Ep, jene die se- 
kundäre (Jacksonsche) Ep mit ihren so- 
genannten epileptiformen (der Ep ähn- 
lichen) Anfällen. Die Kranken können 
in den Fällen der idiopathischen Ep zwi- 
schen den Anfällen vollkommen gesund 
sein. Es sind daher rasch verschwindende 
funktionelle Störungen im Gebiete des : 
Zentralnervensystems als ätiologische 
  
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Momente für die Ep heranzuziehen, wofür 
auch die Komplikation mit psychischen 
Störungen spricht. Die Ansicht, daß den 
Ausgangspunkt das Zentralnervensystem, 
speziell das Gehirn, den der epileptischen 
Krämpfe die Großhirnrinde bildet, hat 
in den letzten Jahren. eine wesent- 
liche Stütze durch Experimente Unver- 
richts erhalten. Die Bewußtlosigkeit 
wurde vordem mit Hirnanämie (Blut- 
leere, Gefäßkrampf) im Gehirn in Zu- 
sammenhang gebracht; es ist jedoch 
einleuchtender, die Ursache der Bewußt- 
losigkeit im epileptischen Anfall, zumal 
bei den Experimenten mit Tieren eine 
Verblassung des Gehirns nicht konstatiert 
werden konnte, auf die Reizung der moto- 
rischen Projektionsstätten der Rinde und 
auf Ausbreitung der Reizung über 
größere Rindenfelder bzw über die Ge- 
samtrinde zu beziehen. 
Für forensische Zwecke wichtig werden 
die Fälle der Ep, in denen nicht der klassi- 
sche Symptomenkomplex vorhanden ist, 
sondern nur das eine oder das andere 
der oben genannten Zeichen auftritt, und 
selbst dieses sich rudimentär zeigt. Ge- 
wöhnlich geht dem epileptischen Anfalle 
eine sogenannte Aura vorher, d. h. das 
Auftreten von Ameisenlaufen, Kriebeln, 
ziehenden Schmerzen in allen Gliedern, 
Abgeschlagenheit, Schwächegefühl , 
Angst, Ohrensausen, Flammenschein, ab- 
normen Geruchsempfindungen usw. Ja, 
einzelne Kranke sprechen geradezu von 
einem Hauch, der sie anwehte; inde 
nomen; vielleicht liegt hier eine abnorme 
Empfindung des Getastes vor. Die Aura 
kann gewöhnlich nur sehr kurz sein, fehlt 
aber in vielen Fällen gänzlich; als „psy- 
chische Aura‘ kann sich auch eine Ver- 
wirrtheit zeigen, die mit dem Trieb zum 
Onanieren, Feueranlegen, Aneignen von 
Gegenständen, zum Vorwärtslaufen u. a. 
verknüpft ist (Epilepsie procursive, prae- 
epileptische Geistesstörung). Nach der 
Aura tritt der klassische Anfall gleichsam 
unvermittelt, plötzlich und mitten in voller 
Gesundheit auf. Mit gellendem Schrei 
stürzt der Kranke zu Boden; es folgen to- 
nische Krämpfe, d. h. der Körper verfällt 
in eine krampfhafte Starre, bei der der 
Kopf nach hinten gezogen ist, die Pupillen 
erweitert sind, die Atmung stille steht 
usw. Eine Stauung in den Blutgefäßen 
macht sich geltend; an den verschieden- 
sten Teilen des Körpers treten Blutaus- 
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