Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Erbenhaftung. 
des Offenbarungseides vorladen, B 2006 
Abs 2. Der Erbe, der des Rechtes zur Be- 
schränkung seiner Haftung verlustig ge- 
gangen ist, haftet für die — sämtlichen oder 
(im Falle der Verweigerung des Offenba- 
rungseides) für einzelne — Nachlaßver- 
bindlichkeiten unbeschränkt, d. i. nicht 
bloß mit dem Nachlaß, sondern auch mit 
seinem sonstigen Vermögen. 
2. Die Beschränkung der Haftung des 
Erben tritt nicht von selbst ein, sondern 
muß «vom Erben im Prozeß geltend ge- 
macht werden. Sie erfordert zu ihrer 
Durchführung grundsätzlich die in Wege 
der Nachlaßverwaltung oder des Nachlaß- 
konkurses erfolgte amtliche Absonderung 
des Nachlasses von dem sonstigen Ver- 
mögen des Erben. Erst mit der Anord- 
nung der Nachlaßverwaltung oder der Er- 
öffnung des Nachlaßkonkurses beschränkt 
sich die Haftung des Erben auf den Nach- 
laß, B 1975, bis dahin können die Nach- 
laßgläubiger auch das sonstige Vermögen 
des Erben zu ihrer Befriedigung in An- 
spruch nehmen; die Errichtung des Inven- 
tars schützt die Erben hiergegen nicht. 
Die amtliche Nachlaßabsonderung bil- 
det das im Interesse der Nachlaßgläubiger 
bestimmte Gegengewicht gegen das Recht 
des Erben zur Beschränkung seiner Haf- 
tung. Sie verfolgt den Zweck, die Ver- 
wendung des Nachlasses zur Befriedigung 
der Nachlaßgläubiger zu gewährleisten. 
Entsprechend diesem Zwecke führt die 
Absonderung zu einer tatsächlichen und 
rechtlichen Trennung des Nachlasses von 
dem sonstigen Vermögen des Erben. Die 
tatsächliche Trennung erfolgt dadurch, 
daß der Nachlaß von dem Erben an den 
Nachlaß- bzw den Konkursverwalter her- 
auszugeben und durch diese Personen, de- 
nen fortan die Verwaltung und die Verfü- 
gung zusteht, B 1984 Abs 1 Satz 1, 1985, 
K 6, in Besitz zu nehmen ist; der Herbei- 
führung der rechtlichen Trennung der bei- 
den Vermögensmassen dagegen dienen 
die Vorschriften in B 1976, 1977, wonach, 
wenn Nachlaßverwaltung angeordnet 
oder der Nachlaßkonkurs eröffnet ist, die 
infolge des Erbfalls durch Vereinigung 
von Recht und Verbindlichkeit oder von 
Recht und Belastung erloschenen Rechts- 
verhältnisse als nicht erloschen, von drit- 
ter Seite erklärte Aufrechnungen aber zwi- 
schen Nachlaßforderungen und Eigenfor- 
derungen des Erben als nicht erfolgt gel- 
ten. 
  
  
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Weiter verpflichtet das Gesetz im Inter- 
esse der Nachlaßgläubiger den Erben für 
den Fall der amtlichen Nachlaßabsonde- 
rung, für die ordnungsmäßige Verwaltung 
des Nachlasses einzustehen, B 1978 Abs 1. 
Die aus der Verletzung dieser Verpflich- 
tung erwachsenden Ansprüche gelten 
nach Abs 2 ebd als zum Nachlaß gehö- 
rend, so daß sie ein Aktivum der zur Be- 
friedigung der Nachlaßgläubiger dienen- 
den Vermögensmasse bilden und vom 
Nachlaß- oder Konkursverwalter zu ver- 
folgen sind. Dafür sind dem Erben, um 
ihn vor Schaden durch die Absonderung 
zu behüten, nach näherer Vorschrift des 
Abs 3 seine Aufwendungen aus dem 
Nachlaß zu erstatten, und darunter auch 
solche, die er gemäß B 1979 zur Berichti- 
ı gung von Nachlaßverbindlichkeiten ge- 
macht hat. Zugleich ist der Erbe den 
Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet, 
unverzüglich nach erlangter Kenntnis von 
einer Überschuldung, die nicht ausschließ- 
lich auf Vermächtnissen und Auflagen be- 
ruht, die Eröffnung des Nachlaßkonkurses 
zu beantragen, damit nicht einzelne Gläu- 
biger zum Nachteil der anderen bevorzugt 
werden. Kommt der Erbe dieser Ver- 
pflichtung nicht nach, so haftet er den be- 
nachteiligten Gläubigern auf Schadenser- 
satz, B 1980. 
Neben dem Mittel der amtlichen Nach- 
laßabsonderung sieht das B in 1973, 1974, 
1989—1992 (vgl hierzu unter IV) be- 
stimmte Fälle vor, in denen der Erbe, 
ohne eine solche Absonderung, durch 
Herausgabe des Nachlasses bzw der noch 
vorhandenen Bereicherung zum Zwecke 
der Befriedigung der Nachlaßgläubiger im 
Wege der Zwangsvollstreckung genügt. 
Immer also haftet der Erbe cum viribus 
hereditatis; in den meisten Fällen, wo er 
seine Haftung ohne amtliche Nachlaßab- 
sonderung beschränken kann, steht ihm 
indessen das Recht zu, die Herausgabe der 
Nachlaßgegenstände gegen Zahlung des 
Wertes abzuwenden. 
3. Gegenüber dieser Ordnung ist die 
Frage nach der Kennzeichnung der Haf- 
tung des Erben keine so einfache mehr 
wie nach früherem Rechte. So besteht denn 
auch hierüber lebhafter Streit, insofern die 
Haftung von dem einen Teile der Schrift- 
steller als eine grundsätzlich unbe- 
schränkte (so vor allem von Bingnerim 
SächsArch 598ff; Wendt im Archfziv 
Prax 86 598f; Böhm in Gruchot 42
	        
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