Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Erbrecht — Erbschaftsanspruch. 
8. Auflage; Köhne-Feist Nachlaßbehandlung (08, 
17. Aufl); Binder Rechtsstellung des Erben; Boschan 
Nachlaßsachen (04). P. 
Erbrecht im subjektiven Sinne ist die 
Berechtigung des Erben an einem be- 
stimmten Nachlaß. Über das E der Ar- 
menanstalt, s. d., der Stadt Berlin, s. d.; 
s. ferner: Fiskus als Erbe, Oesetzliche 
Erbfolge. 
Erbschaft ist der Inbegriff der Rechte 
und Pflichten, deren Vererbung zulässig 
ist. Sie besteht auch dann (hereditas 
suspecta), wenn nur Schulden vorhanden 
sind: hereditatis appellatio sine dubio con- 
tinet etiam damnosam hereditatem. 
Erbschaftsanspruch (RömR) s. here- 
ditatis petitio. 
Erbschaftsanspruch nach B. Der 
E(rbschafts)a(nspruch) des B, nachgebil- 
det der hereditatis petitio, ist ein eigen- 
artiger erbrechtlicher Gesamtanspruch 
bald dinglicher bald obligatorischer Na- 
tur, welcher dem Erben gegeben ist, um 
von dem Erbschaftsbesitzer die Heraus- 
gabe des aus der Erbschaft Erlangten zu 
erreichen. Er ist zu unterscheiden von 
den dinglichen oder persönlichen Einzel- 
klagen, welche dem Erben als dem Er- 
werber aller einzelnen Nachlaßgegen- 
stände zur Verfolgung der an diesen für 
ihn begründeten Rechte zustehen. Sein 
eigentümliches Gepräge erhält der Ea da- 
durch, daß er einen Streit um das Erb- 
recht als solches zur Voraussetzung hat 
und auf die Herausgabe der Erbschaft im 
ganzen oder eines Bruchteils derselben 
gerichtet ist. Passiv legitimiert gegen- 
über dem Anspruche ist der Erbschafts- 
besitzer, d. h. derjenige, der auf Orund 
eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehen- 
den Erbrechts etwas aus der Erbschaft er- 
langt hat, B 2018. Er muß also selbst ein 
Erbrecht geltendmachen und auf Orund 
desselben tatsächlich Teile der Erbschaft 
besitzen. Dazu gehört auch, was er durch 
Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft 
erworben hat, B 2019. Als Erbschaftsbe- 
sitzer haftet ferner dessen Gesamtrechts- 
nachfolger, und wer die Erbschaft als Gan- 
zes durch Vertrag — also durch Erb- 
schaftskauf, B 2371, oder einen ähnlichen 
Vertrag, B 2385 — von dem Erbschafts- 
besitzer erworben hat, B 2030. Ob der 
Erbschaftsbesitzer und sein Rechtsnach- 
folger in gutem oder bösem Glauben war, 
z. B. auf die Beweiskraft eines Erbscheins 
vertraute, die Nichtigkeit der Berufung 
zum Erben kannte, ist gleichgültig. Dem 
  
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Ea gegenüber ist auch der gutgläubige 
Erbschaftserwerber nicht geschützt. Im 
Verhältnisse zum Erben kann er sich des- 
halb auch nicht auf Ersitzung berufen, 
B 2026. 
Befugt zur Erhebung des Ea ist der 
Erbe (Miterbe, der Nacherbe nach Eintritt 
der Nacherbfolge). Ihm liegt der Nach- 
weis eines besseren oder gleich guten 
Erbrechts ob, welches ihm dem Erb- 
schaftsbesitzer gegenüber ein Recht auf 
die ganze Erbschaft oder einen Anteil der 
Erbschaft verleiht. Nach besonderer Vor- 
schrift hat den Ea auch der fälschlich für 
tot Erklärte gegen den, welcher infolge 
der gerichtlichen Todeserklärung als Erbe 
sein Vermögen erhalten hat, und der, 
dessen Tod ohne Todeserklärung zu Un- 
recht angenommen worden ist, B 2031. 
Die Herausgabepflicht des Erbschafts- 
besitzers erstreckt sich auf alles, was er 
als angeblicher Erbe aus der Erbschaft 
erlangt hat, also zunächst auf die noch 
vorhandenen Gegenstände mit allen ge- 
zogenen Nutzungen, zu denen auch die 
Früchte gehören, selbst dann, wenn er 
nach den Grundsätzen des Sachenrechts 
ihr Eigentümer geworden ist, B 2020; 
ferner, wenn er Sachen aus der Erbschaft 
veräußert hat, auf das, was er an ihrer 
Stelle dadurch erworben hat, B 2019. So- 
weit der Erbschaftsbesitzer außerstande 
ist, die Erbschaft, ihre Surrogate und Nut- 
zungen in Natur herauszugeben, haftet er 
nach den Grundsätzen der ungerechtfer- 
tigten Bereicherung, B 2021. Anwendbar 
sind also vornehmlich B 818 Abs 2—-4, 
291, 822. Einer Haftung für Schadens- 
ersatz nach den Vorschriften des B 987 f 
wegen Verschlechterung, Unterganges 
oder sonst eintretender Unmöglichkeit der 
Herausgabe zur Erbschaft gehörender 
Sachen oder Nutzungen unterliegt der 
Erbschaftsbesitzer von dem Eintritte der 
Rechtshängigkeit des Ea an oder, wenn 
er unredlich ist, vom Anfang seiner Bös- 
gläubigkeit an, B 2023, 2024. Er haftet 
nach den Vorschriften über unerlaubte 
Handlungen, wenn er durch eine straf- 
bare Handlung oder durch verbotene Ei- 
genmacht einen Erbschaftsgegenstand er- 
langt hat, B 2025. 
Gegenüber dem Herausgabeanspruche 
des Erben hat der redliche Erbschaftsbe- 
sitzer ein nach Maßgabe der B 1000 bis 
1003 durch Zurückhaltung der herauszu- 
gebenden Sachen oder durch selbständi- 
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