Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Erbschein. 
In allen diesen Fällen ist für die Ent- 
scheidung der Frage, ob die Berufung des 
Erwerbers auf den öffentlichen Glauben 
des Ebs ausgeschlossen ist, der Zeitpunkt 
maßgebend, in welchem sich der Erwerb 
vollendet. 
r. Sind mehrere sich widersprechende 
Erbscheine im Umlauf, so übt jeder die 
ihm nach B 2366, 2367 zukommende Wir- 
kung aus, vgl Strohal 68 unter V. 
5. Unrichtigkeit des Ebs. a. Der erteilte 
Erbschein kann unrichtig sein. Eine Un- 
richtigkeit des Ebs liegt vor, wenn die in 
dem Scheine. enthaltenen Angaben in ir- 
gendwelcher Beziehung nicht den wirk- 
lichen Verhältnissen entsprechen, was 
nicht bloß bei der unrichtigen Bezeich- 
nung des Erben, sondern auch bei einer 
Unvollständigkeit und so insbesondere 
beim Fehlen der in B 2363, 2364 vorge- 
schriebenen Angaben über die Anordnung 
einer Nacherbfolge oder die Ernennung 
eines Testamentsvollstreckers der Fall ist. 
Gleichgültig ist dabei, ob der Schein von 
Anfang an unrichtig war, oder ob er es 
erst nachträglich geworden ist, wie z. B. 
durch Anfechtung der letztwiliigen Verfü- 
gung, auf der das bescheinigte Erbrecht 
beruht, oder auch durch den Eintritt des 
Falles der angeordneten Nacherbfolge. 
b. Der unrichtige Ebs bedeutet eine Ge- 
fahr für den wahren Erben; mit Rücksicht 
hierauf legt das B im $ 2361 Abs 1 dem 
Nachlaßgerichte die Verpflichtung auf, 
den Ebs, dessen Unrichtigkeit sich ergibt, 
einzuziehen und ihn, wenn er nicht sofort 
erlangt werden kann, für kraftlos zu er- 
klären. Die Einziehung und Kraftloserklä- 
rung haben zu erfolgen, ohne daß es eines 
darauf gerichteten Antrages bedarf; auch 
hat das Gericht, wenn ein Anlaß zu Be- 
denken gegen die Richtigkeit des Ebs vor- 
liegt, von Amts wegen Ermittelungen an- 
zustellen, Abs 2. 
c. Die Einziehung besteht in der körper- 
lichen Rücknahme des ausgehändigten 
Ebs, durch die sein Gebrauch unmöglich 
gemacht wird; sie erfolgt auf Grund einer 
mit Beschwerde anfechtbaren Verfügung, 
inhalts deren an den Besitzer die Auffor- 
derung zur Rückgabe des Scheins ergeht, 
vgl B 2366 a. E.; kommt der Besitzer der 
Aufforderung nicht nach, so ist in Gemäß- 
heit der hierfür geltenden landesgesetz- 
lichen Vorschriften die Herausgabe durch 
Ordnungsstrafen zu erzwingen oder wohl 
besser ohne weiteres zur zwangsweisen 
  
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Wegnahme zur verschreiten. Mit der Ein- 
ziehung, d. i. der Rückerlangung, wird der 
Ebs kraftlos, so daß in Ansehung eines nach 
diesem Zeitpunkte vorgenommenen oder 
auch nur vollendeten Rechtsgeschäfts die 
Berufung auf den öffentlichen Glauben 
des Scheines auch dann ausgeschlossen 
ist, werın der Dritte den Schein früher vor- 
gelegt erhalten hatte und auf seine fort- 
dauernde Geltung vertraute. 
Kann der Ebs nicht sofort erlangt wer- 
den, so ist zu einer Kraftloserklärung zu 
verschreiten. Die Kraftloserklärung er- 
folgt durch einen Beschluß des Nachlaß- 
gerichts, der nach den für die öffentliche 
Zustellung einer Ladung geltenden Vor- 
schriften der Z 204 Abs 2, 3 bekanntge- 
macht wird. Mit dem Ablauf eines Monats 
nach Einrückung des Beschlusses in die 
öffentlichen Blätter wird die Kraftloser- 
klärung wirksam und geht dem Scheine 
nunmehr die ihm nach B 2365—2367 zu- 
kommende Wirkung ab. 
Mit dem Antrag auf Einziehung des un- 
richtigen Ebs kann der Antrag auf Ertei- 
lung des richtigen Ebs verbunden werden; 
diesem Antrage muß, wenn er sonst be- 
gründet ist, entsprochen werden, ohne 
daß es der vorherigen Zurückerlangung 
oder der Kraftloserklärung des unrichtigen 
Scheins bedarf. Der das Gegenteil bestim- 
mende $ 2074 Abs 3 des Entw I ist im 
Interesse des wirklichen Erben von der 
2. Kommission gestrichen worden. 
d. Die Verpflichtung des Nachlaßge- 
richts zur Einziehung und Kraftloserklä- 
rung des unrichtigen Ebs kann der wirk- 
liche Erbe durch seinen im Wege der Be- 
schwerde weiter verfolgbaren Antrag zur 
Auslösung bringen; daneben aber ver- 
leiht ihm B 2362 Abs 1 den zivilrechtlichen 
Anspruch, von dem Besitzer eines unrich- 
tigen Ebs die Herausgabe an das Nachlaß- 
gericht zu verlangen. Dieser Anspruch bil- 
det einen Ausfluß des Erbrechts; ebenso 
wie der wahre Erbe, dem das Nachlaß- 
gericht die Erteilung des Ebs verweigert, 
sein Erbrecht im Prozeßwege zur Geltung 
bringen kann, muß er die Einziehung des 
unrichtigen Ebs durch Anrufung des Pro- 
zeßrichters erlangen können, wenn das 
Nachlaßgericht die Einziehung des Schei- 
nes wegen dessen vermeintlicher Richtig- 
keit verweigert. Das Verhältnis ist ein 
ähnliches wie bei der Berichtigung des 
Grundbuchs; vgl einerseits Gr 22 und an- 
dererseits B 894.
	        
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