Erinnerung — Erkennende Gerichte.
Identifikationen, bei denen die Kranken
den Eindruck haben, als hätten sie früher
bereits ihre augenblickliche Umgebung
gesehen oder die jeweilige Situation, in
der sie sich augenblicklich befinden, schon
vormals erlebt, stehen der Erinnerungs-
täuschung nahe (identifizierende Form der
Erinnerungstäuschung [Sander]). Der-
gleichen findet sich öfter bei Epileptikern,
Alkoholikern, bisweilen bei Paranoikern
(Verrückten). Eine Störung der Erinne-
rung in Gestalt der Erinnerungsfälschung
zeigt sich ferner bei Dementen, besonders
dem Blödsinn der progressiven Paralyse
und dem Altersblödsinn; der Kranke sieht
z. B. in dem Arzt, der sich heute ihm
zeigte, morgen einen Bekannten aus frü-
herer Zeit; man bezeichnet diese Form der
Erinnerungsstörung auch als Paramnesie.
Bei der Korsakoffschen Krankheit, einer
Geisteskrankheit, die nach Typhus, Sy-
philis, nach chronischem Alkoholismus be-
obachtet worden ist und sich durch eine
Verbindung mit der multiplen Neuritis
häufig zu erkennen gibt, ist die Para-
mnesie bis zur Konfabulation gesteigert;
der Kranke erzählt die merkwürdigsten
Dinge, die reinsten Jagd- und Räuberge-
schichten (Halluzinationen der Erinnerung
[Sully]).. Die Korsakoffsche Krankheit
(Delirium tremens polyneuriticum) zeigt
sich vor allem in einer hohen Unorientiert-
heit über Ort und Zeit und einem starken
Verlust der Merkfähigkeit; der Kranke
vergißt, was eben gesagt und geschehen
ist, und ersetzt das früher Erlebte durch
Traumerinnerungen, durch Umwandlung
augenblicklicher Sinneseindrücke, durch
Halluzinationen, die er durchmachte. Dies
alles wirrt er gleichsam durcheinander und
als Resultat zeitigt er dann jene unzusam-
menhängenden schrecklichen Geschichten,
die selbstverständlich das Bild seines
Schwachsinns an sich tragen. Cohn.
Erkennende Gerichte. Gerichts-
herren und e(rkennende) G(erichte) sind
gemeinsam zur Ausübung der Militär-
strafgerichtsbarkeit berufen, MC 12. Die
eG sind unabhängig und nur dem Gesetz
unterworfen, MC. Sie zerfallen in die
Stand-, Kriegs-, Oberkriegsgerichte und
das Reichsmilitärgericht. Standgerichte
sind die Gerichte erster Instanz für die
niedere Gerichtsbarkeit, Kriegsgerichte
die Gerichte erster Instanz für die höhere
Gerichtsbarkeit und zweiter, auch letzter
Instanz zur Entscheidung über die Beru-
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fung gegen die Urteile der Standgerichte,
die Oberkriegsgerichte die Gerichte zwei-
ter Instanz zur Entscheidung über die Be-
rufung gegen die Urteile der Kriegsge-
richte und das Reichsmilitärgericht Revi-
sionsinstanz bezüglich der Urteile der
Oberkriegsgerichte. Außerdem haben sich
die eG höherer Gerichtsbarkeit und das
Reichsmilitärgericht außerhalb der Ver-
handlung als Rechtsbeschwerdeinstanz,
bei Zuständigkeitszweifein usw, zu betä-
tigen. Alle eG sind Kollegialgerichte und
setzen sich, nämlich Standgerichte nur aus
Offizieren oder — nämlich die übrigen
eG — aus Offizieren bzw im Ausnahme-
falle aus anderen im Offizierrange stehen-
den Militärpersonen, MC 55, und richter-
lichen Militärjustizbeamten zusammen.
Die zur Mitwirkung bei den eG zu beru-
fenden Offiziere müssen mindestens seit
einem Jahre dem Heere oder der Marine
angehören, MC 40, 60. Für das Reichs-
militärgericht wird der Rang eines Stabs-
offiziers erfordert, MC 79. Die richter-
lichen Militärjustizbeamten können in den
Kriegsgerichten durch zum Richteramt be-
fähigte Personen (Assessoren), in den
Oberkriegsgerichten nur durch ständig an-
gestellte richterliche Beamte ersetzt wer-
den, MC 98, 70, während beim Reichs-
militärgericht die Zuziehung von Hiilfs-
richtern ausgeschlossen ist, MC 78.
Das Offizier-Richterpersonal der Stand-
und Oberkriegsgerichte sowie des Reichs-
militärgerichts ist ein ständiges, das der
beiden ersteren Gerichte wird für die
Dauer des Geschäftsjahres vom Gerichts-
herrn berufen und beeidigt, das des
Reichsmilitärgerichts vom Kaiser auf Vor-
schlag der Kontingentsherren auf die
Dauer von mindestens zwei Jahren be-
stimmt und beim Antritt des Richteramtes
durch den Präsidenten vor versammeltem
Plenum beeidigt, MC 41, 42, 68, 79, 82.
Bei Stand- und Oberkriegsgerichten ist er-
forderlichenfalls, wenn im Laufe des Ge-
schäftsjahres einer der Richter oder Stell-
vertreter, die gleichfalls für die Dauer
jenes Jahres vom Gerichtsherrn bezeich-
net und beim Antritt des Richteramtes
durch ihn beeidigt werden, ausscheidet
(z. B. Tod, Verabschiedung, Aufrücken in
eine höhere Stelle) oder an der Ausübung
des Richteramtes dauernd verhindert ist
(z. B. Krankheit, Verbüßung einer länge-
ren Freiheitsstrafe), für den Rest des
Jahres ein anderer Offizier als Richter bzw