Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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Stellvertreter zu bestellen. Sind ein Rich- 
‘ter und sein Stellvertreter vorübergehend 
verhindert, so kann ein Offizier des ent- 
sprechenden Dienstgrades für den einzel- 
nen Fall als Richter berufen werden, MC 
43, 68. Dieser wird in der Hauptverhand- 
lung vom Vorsitzenden für die fragliche 
Sitzung beeidigt, MC 296. Wenn Offi- 
ziere der verschiedenen Dienstgrade nicht 
vorhanden oder wenn die vorhandenen 
sämtlich an der Ausübung des Richter- 
amtes verhindert sind, so kann an die 
Stelle des fehlenden Offiziers ein Offizier 
des nächstniederen oder des nächsthöhe- 
ren Dienstgrades treten, MC 39, 60, 68. 
Für den Zustand im Felde und an Bord 
behält die Ständigkeit der zu den Stand- 
* gerichten zu berufenden Offiziere ihre 
Wirksamkeit nicht, vielmehr erfolgt dann 
die Berufung sämtlicher Richter für den 
einzelnen Fall, MC 44. Und so werden 
in Friedenszeiten auch die Kriegsgerichte 
gebildet. Doch bietet hier die Grundlage 
für die Berufung eine vom Gerichtsherrn 
alljährlich vor dem Beginne des Geschäfts- 
jahres für seine Dauer in einer Liste 
(Kommandierrolle) festzustellende Rei- 
henfolge dar, von der nur, um jede Ein- 
wirkung auf die Zusammensetzung des 
Gerichts möglichst auszuschließen, aus 
dringenden (aktenkundig zu machenden) 
Gründen abgewichen werden darf, M 53. 
Stand-, Kriegs-, Oberkriegsgerichte tre- 
ten auf Berufung des Gerichtsherrn für 
den einzelnen Fall zusammen. Ist der 
Angeklagte ein General, so erfolgt die Be- 
rufung durch den zuständigen Kontin- 
gentsherrn, im Felde durch den Kaiser, 
hinsichtlich der Admirale sowie der Ge- 
nerale der Marine stets durch den Kaiser, 
MC 18 Die Sitzungen des Reichsmili- 
tärgerichts, die Besetzung des betreffen- 
den Senats sowie die Berufung der Rich- 
ter dazu bestimmt der betreffende Senats- 
präsident, MC 83 $ 9 Geschäftsordnung 
für das Reichsmilitärgericht, ZBl 59 ff. 
In der Hauptverhandlung scheidet sich der 
Vorsitz, der stets bei dem rangältesten 
Offizier liegt, von der Verhandlungsfüh- 
rung, mit der sich bei den Standgerich- 
ten der Vorsitzende oder derjenige Bei- 
sitzer, dem er sie überläßt, bei den Kriegs- 
und Oberkriegsgerichten der dienstäl- 
teste richterliche Militärjustizbeamte, 
beim Reichsmilitärgericht der Senatsprä- 
sident zu befassen hat, MC 61, 69, 83, 292. 
Was nun die einzelnen eG anlangt, so 
  
Erkennende Gerichte. 
bestehen die Standgerichte aus drei Rich- 
tern und zwar aus einem Stabsoffizier als 
Vorsitzeridem, einem Hauptmann (Ritt- 
meister, Kapitänleutnant) als erstem Bei- 
sitzer und einem Oberleutnant (Oberleut- 
nant z. See) als zweitem Beisitzer, MC 38. 
Ihre Zuständigkeit reicht so weit wie die 
der niederen Gerichtsbarkeit, doch kann 
sie im Felde und an Bord durch den über- 
geordneten Gerichtsherrn erweitert wer- 
den, MC 15, 16, 45, 46, 63. Die Regel- 
grenze bilden Freiheitsstrafe von sechs 
Wochen und Geldstrafe bis 150 M. Des- 
halb unterfallen militärische Vergehen, die 
das Gesetz nur mit das Zeitmaß von sechs 
Wochen nicht überschreitendem Arrest, 
MS 17, 24, bedroht, und Übertretungen, 
für die das Gesetz, vgl S 1 360ff, im 
Höchstbetrage auf sechs Wochen, S 18, 
bestimmte Haft oder Geldstrafe bis zu 
150 M als Strafen vorsieht, ohne weite- 
res der Zuständigkeit der Standgerichte, 
MC 15. Diese Grenze, die übrigens beim 
Zusammentreffen mehrerer Straftaten 
ebensowenig überschritten werden darf, 
MC 47, bindet den Gerichtsherrn der nie- 
deren Gerichtsbarkeit, wenn er eine An- 
zahl gesetzlich besonders bezeichneter mi- 
litärischer und bürgerlicher Vergehen 
MS 64, 65, 89, 91 Abs 1, 93, 94, 102 (die- 
ser beschränkt), 121 Abs 1, 137, 151; 
S 123, 185, 223, 230, 241, 291, 298, 303, 
im Felde und an Bord außerdem 113, 242, 
246, 292, 293, 296, 299, 304; Seemanns- 
ordnung 93, 95, 96, 100; die Zuwider- 
handlungen gegen die Forst- und Feld- 
polizeigesetze, sowie gegen die Holz- 
(Forst-)Diebstahlsgesetze, zur Aburtei- 
lung durch das Standgericht an sich zie- 
hen will, MC 16, 47. Die Möglichkeit, 
daß neben einer sechswöchigen Frei- 
heitsstrafe auf Geldstrafe bis zu 150 M 
erkannt werden kann, schließt die stand- 
gerichtliche Zuständigkeit nicht aus und 
auch auf Einziehung kann das Standge- 
richt als Nebenstrafe erkennen. Doch 
sind ihm in Friedenszeiten die Ehrenstra- 
fen entzogen. Im Felde und an Bord kann 
es aber Versetzung in die zweite Klasse 
des Soldatenstandes aussprechen, MC 15 
Abs 2u.3. Während dieses außerordent- 
lichen Zustandes heißen die Standge- 
richte Feld- bzw Bordstandgerichte. Ihre 
Zuständigkeit ist auch insofern eine er- 
weiterte, als sie, abgesehen von der mög- 
lichen Heranziehung bzw Zuweisung 
einer Anzahl Vergehen, die sonst der hö-
	        
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