Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Erkennende Gerichte. 
heren Gerichtsbarkeit unterworfen sind, 
MC 16 Ziff 3 Abs 2, 63, — neben Ein- 
ziehung auf Freiheitsstrafe bis zu drei 
Monaten und Geldstrafe bis zu 300 M 
(600 M, vgl MC 63), allein oder in Verbin- 
dung miteinander, erkennen können. 
Vertritt das Standgericht die Ansicht, 
daß die Strafe, die auf Grund der Haupt- 
verhandlung zu verhängen wäre, seine 
Zuständigkeit überschreitet oder daß eine 
Ehrenstrafe verwirkt ist, so hat es sich für 
unzuständig zu erklären und die Sache an 
das zuständige höhere Gericht zu verwei- 
sen. Ebenso hat es zu verfahren, wenn 
der Angeklagte nach Erhebung der An- 
klage Offizierrang erlangt hätte, denn die 
niedere Gerichtsbarkeit erstreckt sich nur 
auf Personen, die diesen Rang nicht 
haben, MC 330, 14. Der Unzuständig- 
keitsbeschluß hat die Wirkung der An- 
klageerhebung für das weitere Verfahren. 
Zu einem vorschriftsmäßig besetzten 
Standgericht gehören, abgesehen von den 
Richtern, noch der mit der Vertretung der 
Anklage beauftragte Gerichtsoffizier und 
ein Gerichtsschreiber, dessen Tätigkeit 
durch eine geeignete Person des Solda- 
tenstandes zu verrichten ist, MC 273, 
109, 110. 
Die Durchsicht der standgerichtlichen 
Akten wird durch einen Kriegsgerichtsrat 
bei dem Gerichtsherrn der Berufungsin- 
stanz vorgenommen, MC 113. 
Die Kriegsgerichte setzen sich zusam- 
men aus fünf Richtern und zwar — ab- 
gesehen von besonderen Fällen — ent- 
weder aus einem Kriegsgerichtsrat und 
vier Offizieren oder aus zwei Kriegsge- 
richtsräten und drei Offizieren. Die Mit- 
wirkung von zwei Kriegsgerichtsräten fin- 
det statt, wenn der Gerichtsherr nach den 
Umständen des Falles annimmt, daß auf 
Todesstrafe oder für die einzelne Straftat 
auf Freiheitsstrafe von mehr als sechs Mo- 
naten zu erkennen sein wird, MC 49 bis 
91. Würde ein Kriegsgericht, das nur mit 
einem Kriegsgerichtsrat besetzt ist, zu der 
Überzeugung gelangen, daß für die ein- 
zelne Tat des Angeklagten eine Freiheits- 
strafe von mehr als sechs Monaten ver- 
wirkt ist, so kann es noch bis zu einem 
Jahre erkennen. Will es die Einzelstrafe 
über ein Jahr hinaus überschreiten, so 
muß es die Verhandlung abbrechen und 
die Berufung eines zweiten Kriegsge- 
richtsrats durch den Gerichtsherrn herbei- 
führen, MC 52. 
  
489 
Die Dienstgrade der zu den Kriegsge- 
richten nach der Kommandierrolle zu be- 
rufenden Offiziere richten sich nach dem 
Dienstgrade des Angeklagten, MC 50, 51. 
Kommen mehrere Angeklagte mit ver- 
schiedenem Range in Frage, so ist für die 
Besetzung des Kriegsgerichts der Ange- 
klagte mit dem höchsten Dienstgrad maß- 
gebend, MC 58. Das militärische Rang- 
verhältnis soll auch bei angeklagten 
kriegsgefangenen Offizieren tunlichst be- 
rücksichtigt werden. Ist der Angeklagte 
eine Zivilperson, so erfolgt die Bildung! 
des Kriegsgerichts ebenso, als wenn ein 
Gemeiner oder Unteroffizier abzuurteilen 
wäre. Werden Zivil- und Militärperson 
gemeinsam vor Gericht gestellt, so ist 
diese mit ihrem Range bestimmend für die 
Zusammensetzung, MC 57. Sanitätsoffi- 
zier, Ingenieur des Soldatenstandes und 
Militärbeamter als Angeklagte bewirken, 
daß in die Kriegsgerichte Zugehörige ih- 
rer Berufsart neben Offizieren und Kriegs- 
gerichtsräten als Richter berufen werden, 
MC 55, 56. 
Da die Richter des Kriegsgerichts — ab- 
gesehen von den Militärjustizbeamten — 
nichtständige sind, so werden sie nach 
dem Beginn der Hauptverhandlung vom ° 
Verhandlungsführer, und zwar in der 
ersten Sache, die ansteht, beeidigt. In 
den nächstfolgenden Sachen derselben 
Kriegsgerichtssitzung braucht dasselbe 
Richterpersonal durch den Vorsitzenden 
nur auf den in der vorhergegangenen Ver- 
handlung geleisteten Richtereid verwiesen 
zu werden, MC 296. 
Die Zuständigkeit der Kriegsgerichte ist 
eine weitreichende. Abgesehen von den 
vor die Standgerichte gehörenden oder 
vor diese nach gerichtsherrlichem Er- 
messen zu bringenden bzw zu verwei- 
senden, vgl MC 16, 63, Strafsachen sind 
sie zur Aburteilung aller anderen Straf- 
taten ohne Ausnahme — auch in allen 
Fällen des Hochverrats und des Landes- 
verrats, vgl hier das bürgerliche Straf- 
recht G 130, wo die Zuständigkeit des 
Reichsgerichts begündet ist, — berufen. 
Und die der niederen Gerichtsbarkeit un- 
terliegenden Delikte können, wenn sie mit 
solchen der höheren unterworfenen da- 
durch in Zusammenhang stehen, daß für 
sie derselbe Täter in Frage kommt, durch 
ein Verbindungsverfahren, MC 32, auch 
noch vor die Kriegsgerichte gebracht wer- 
den. Deshalb kann das Gesetz auch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.