Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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sagen, daß die höhere Gerichtsbarkeit alle 
strafbaren Handlungen umfaßt, MC 17. 
Weiterhin sind die Kriegsgerichte allge- 
mein auch zuständig für die Verhandlung 
und Entscheidung über das Rechtsmittel 
der Berufung gegen die Urteile der Stand- 
gerichte, MC 62. 
Die Kriegsgerichte im Felde und an 
Bord heißen Feld- bzw Bordkriegsge- 
richte, MC 64. 
Zur vorschriftsmäßigen Besetzung eines 
Kriegsgerichts gehören außerdem noch 
der mit der Vertretung der Anklage be- 
auftragte Kriegsgerichtsrat und ein Mili- 
tärgerichtsschreiber (Kriegsgerichtssekre- 
tär, Militärgerichtsassistent), MC 273,108. 
Prüfung und Durchsicht der kriegsge- 
richtlichen Akten geschieht bei dem kom- 
mandierenden General bzw den ihm 
gleichstehenden, mit Gerichtsherrlichkeit 
ausgestatteten Befehlshabern durch einen, 
Oberkriegsgerichtsrat, MC 113. 
Die Oberkriegsgerichte bestehen aus 
sieben Richtern und zwar aus zwei Ober- 
kriegsgerichtsräten und fünf Offizieren, 
MC 66, 67. Sie werden gebildet bei den 
Generalkommandos bzw bei den entspre- 
chenden Stellen, denen die Gerichtsherr- 
lichkeit eines kommandierenden Generals 
zusteht, MC 65 Abs 2. Auch hier ist für 
die Berufung der Offizierrichter der Rang 
des Angeklagten maßgebend, MC 67. Die 
Verschiedenheiten der Zusammensetzung 
des Gerichts, die durch die Verschieden- 
heit in der Person des Angeklagten bei 
den Kriegsgerichten bedingt werden, sind 
entsprechend auf die Bildung des Ober- 
kriegsgerichts übertragen, MC 69. 
Die allgemeine Zuständigkeit der Ober- 
kriegsgerichte erschöpft sich mit der 
Verhandlung und Entscheidung über das 
Rechtsmittel der Berufung gegen die erst- 
instanzlichen Urteile der Kriegsgerichte, 
MC 65 Abs 1. 
Zur vorschriftsmäßigen Besetzung eines 
Oberkriegsgerichts gehören außerdem 
noch ein Anklagevertreter (richterlicher 
Militärjustizbeamter) und ein Militärge- 
richtsschreiber (Oberkriegsgerichtssekre- 
tär), MC 273, 108. 
Die Urteile der Oberkriegsgerichte sind 
zur Prüfung und Durchsicht halbjährlich 
an das Reichsmilitärgericht einzureichen, 
MC 113. 
Das Reichsmilitärgericht,” das aus- 
schließlich Revisionsgericht und dessen, 
Sitz Berlin ist (der für den Kriegsfall vom 
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Erkennende Gerichte. 
Kaiser bezüglich des ganzen Gerichts oder 
bezüglich einzelner Senate verlegt werden 
kann), stellt den obersten Gerichtshof in 
militärgerichtlichen Angelegenheiten für 
die gesamte bewaffnete Macht des Reichs 
dar. Seine wesentliche Aufgabe ist die 
Herbeiführung und Erhaltung einer ein- 
heitlichen Rechtsprechung durch gleich- 
mäßige Auslegung und Anwendung der 
Gesetze. 
An der Spitze des Reichsmilitärgerichts 
steht ein General oder Admiral mit dem 
Range eines kommandierenden Generals, 
der vom Kaiser zum Präsidenten ernannt 
wird und dem die Leitung der Geschäfte 
zusteht, der aber nicht an der Rechtspre- 
chung teilnimmt. Er leistet beim Antritte 
seines Amtes vor versammeltem Plenum 
einen Eid. Auch seinen Stellvertreter — 
der aber den Mitgliedern des RMGerichts 
nicht entnommen werden darf — für 
Fälle der Verhinderung ernennt der 
Kaiser, MC 73—76. Das RMGericht ent- 
scheidet in Senaten und zwar werden nach 
der Geschäftsordnung 8 2 drei Senate ge- 
bildet, welche die Bezeichnung I. Senat, 
JI. Senat, III. (bayerischer) Senat führen. 
Bezüglich Einrichtung des bayerischen 
Senates ist ein besonderes Gesetz vom 
9. März 1899, RGBI 135, ergangen. 
Der Gliederung aller anderen Militär- 
gerichte entsprechend bestehen die Senate 
teils aus Juristen, teils aus Offizieren. Die 
regelmäßige Zusammensetzung bringt zu 
vier militärischen Richtern drei Juristen. 
In den Fällen aber, in denen es sich bei 
der Revision lediglich um die Verletzung 
prozessualer Vorschriften, einer Vor- 
schrift oder eines Rechtsgrundsatzes der 
allgemeinen bürgerlichen Gesetze handelt, 
beschließen und entscheiden die Senate in 
der Besetzung mit vier juristischen und 
drei militärischen Richtern, MC 84. Alle 
drei Senate werden zur Plenarsitzung ver- 
einigt, wenn ein Senat A. in einer Rechts- 
frage von einer früheren Entscheidung a. 
eines. anderen Senats, b. des Plenums, B. 
in einer die Auslegung der bürgerlichen 
Strafgesetze betreffenden Frage von einer 
früheren Entscheidung a. der vereinigten 
Strafsenate des Reichsgerichts, G 137 
Abs 1, b. des Plenums desselben Gerichts, 
G 137 Abs 2, abweichen will. Die Ent- 
scheidung der Rechtsfrage durch das 
Plenum ist in der zu entscheidenden 
Sache bindend, MC 85. Zur Fassung der 
Plenarentscheidungen ist die Teilnahme
	        
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