46 Albrecht — Algolagnie.
1868 nahm er seine Entlassung als Ge-
heimer Hofrat, wurde 1869 zum lebens-
länglichen Mitgliede der I. Kammer er-
nannt und } 22. Mai 1876 zu Leipzig. Der
größte Teil seines der Universität Leipzig
vermachten Vermögens ist als Albrecht-
Stiftung erhalten. Hauptwerk: Die Ge-
were als Grundlage des älteren deutschen
Sachenrechts, Königsberg 1828; eine ins-
besondere für die Methode der germani-
stischen Rechtswissenschaft grundlegende
Schrift.
Über ihn zu vergleichen: R. Hübner Allgemeine Deutsche
Biographie XLV 743 fl. Bogeng.
album praetoris weiße Tafeln, auf
denen der Prätor (s. d.) die Bestimmun-
gen des Ediktes öffentlich mitteilte.
Alciatus (Alciati, Andrea), * 8. Mai
1492 zu Alzate (in der Nähe von Mailand),
lehrte die Rechte abwechselnd in Avignon,
Bologna, Bourges, Ferrara, Pavia und war
auch eine Zeitlang als Advokat in Mailand
tätig. Er starb 12. Jan 1550 in Pavia.
In seinen rechtswissenschaftlichen Schrif-
ten, die schon zu seinen Lebzeiten gesam-
melt erschienen (Opera omnia, Basel 1546
bis 49 IV und Neuauflagen; Lyon 1560
bis 61 IV; Frankfurt a. M. 1617) wurde er
der italienischen Rechtswissenschaft sei-
ner Zeit beispielgebend für die Anwen-
dung der philologisch-historischen Me-
thode auf die Erforschung der Rechtsquel-
len des römischen Altertums.
C. Mignanet Vita d’Alclati, Mailand 1584; B. Po-
desta A. Alciati letture nello studio de Bologna 1537—41,
Bologna 1874. Bogeng.
Aleatorische Geschäfte, gewagte
Geschäfte. S. Spiel, Wette.
Alfenus Varus, ein römischer Jurist
gegen Ende der Republik, ursprünglich
Schuster, erster Verfasser eines Digesten-
werkes in 40 Büchern.
Algernon Sydney, hingerichtet 1683,
neben Locke der im 17. Jahrhundert be-
deutendste englische Vertreter der kon-
stitutionellen Staatstheorie, insbesondere
durch seine Discourses concerning govern-
ment, die bei seiner Verhaftung wegen
Teilnahme an der Rye-House-Verschwö-
rung als Handschrift in seinem Arbeits-
zimmer entdeckt und von dem Oberrichter
Jeffries als zweiter Zeuge (da nur ein
Zeuge gegen Algernon Sydney ausgesagt
hatte) aufgeführt wurden. Bogeng.
Algolagnie (Sadismus, Masochismus,
Schmerzgeilheit) bezeichnet eine Gruppe
von sexuellen Perversitäten, bei denen
das Zufügen bzw. Empfangen von Schmer-
zen die geschlechtliche Befriedigung aus-
löst.
a. Aktive A.: das Individuum ist der ak-
tive Teil der Erzeugung der Schmerzen
und erregt dadurch sich selber das Wol-
lustgefühl (Sadismus).
b. Passive A.: das Individuum läßt als
passives Objekt die Schmerzen und Ähn-
liches über sich ergehen und empfindet
hierbei die erstrebte Befriedigung (Ma-
sochismus).
Vornehmlich.die aktive Algolagnie hat
gerichtsärztliche Bedeutung, da die Miß-
handlungen den Tatbestand der Körper-
verletzung, ev. mit tödlichem Ausgang, er-
geben können. Der Sadist schlägt, würgt,
malträtiert, sticht sein Objekt; bisweilen
kommt er zum Lustmord, dem höchsten
Grad des Sadismus, selbst zur Leichen-
schändung nach vollbrachtem Morde.
Hierher gehören auch die Fälle von
Tintenspritzern, die von Beschädigung
der Kleidungsstücke durch ätzende
Flüssigkeiten, wobei sonach die Be-
schädigung weniger auf die Person
selber als auf die von dieser getrage-
nen Gegenstände zielt; dies nähert sich
bereits dem sogen. Fetischismus, bei
welchem das pervers veranlagte Indivi-
duum vornehmlich von Personen anderen
Geschlechtes Gebrauchsgegenstände (den
Fetisch) sich verschafft (häufig wider-
rechtlich), so z. B. Stiefel, Taschentücher
usw., um sich damit geschlechtliche Be-
friedigung zu verschaffen. Hierher ge-
hören ferner die Fälle von Zopfabschnei-
den. Ist diese Anomalie mehr hetero-
sexueller, so die des Sadismus mehr
homosexueller Natur; der Fall Dippold
z. B. gehörte der letzteren Kategorie an.
Häufig sind die Individuen, die sich der-
art betätigen, imbezill, d. h. sie haben
nicht die volle geistige Reife auf Grund
eines von der Pubertätszeit an zutage tre-
tenden frühzeitigen Schwachsinns erlangt;
ebenso ist ihre Perversität meist vorerst
nicht erkennbar, weswegen es ihnen häu-
fig gelingt, Stellungen in Instituten, als
Hauslehrer u. dgl. zu erwerben, in wel-
chen sie alsdann ihren Gelüsten unbeob-
achtet und frei die Zügel schießen lassen.
Die passive Algolagnie (Masochismus
nach v. Sacher-Masoch bezeichnet, der sel-
ber eine solchgeartete Persönlichkeit war
und in seinen Romanen diese Perversität
behandelt) hat weniger forensische Be-
deutung, da hierbei nur die Verletzung der