514
zung zu, so auch das ALR 72, 73 Il, 4,
wenn es der Familie das Obereigentum,
dem jeweiligen Besitzer das nutzbare
(Unter-) Eigentum gibt.
Das Institut ist heute jedermann, auch
Bürgerlichen, zugänglich, in Bayern und
Baden dagegen nur den Familien des
Adels. In Preußen ist die Begründung
eines Familienfideikommisses vorberei-
tende Handlung für den Erwerb des
Adels.
Die Errichtung erfolgt durch ein-
oder zweiseitiges Rechtsgeschäft unter
Lebenden oder von Todes wegen; regel-
mäßig ist eine besondere Form notwen-
dig, gerichtliche Verlautbarung oder Be-
stätigung des Errichtungsaktes, in Preu-
Ben vor dem Oberlandesgericht als
Fideikommißbehörde (dies Gericht ist per-
sönlicher Richter des Stifters) ; vgl. Ausf-
Gr 17. Der preuß Justizminister ist Auf-
sichts- und Beschwerdeinstanz. Nach
manchen Rechten (so in Baden immer, in
Preußen nach ALR 56 II 4 nur bei einem
Reinertrag von über 30 000 M) ist landes-
herrliche Genehmigung erforderlich. Nach
reichsrechtlicher Vorschrift, Einf-B 61, be-
darf es bei Grundstücken zur Wirksamkeit
der Fideikommißqualität gegen gutgläu-
bige Dritte der Eintragung in das Grund-
buch; partikularrechtlich ist die Eintra-
gung für die Erlangung der Fideikommiß-
qualität selbst vorgeschrieben, badAusf-
B 36, 2.
Notwendig ist ein dauernd ertrags-
fähiges Objekt, besonders Grundstücke,
liegenschaftliche Gerechtigkeiten, Geld-
kapitalien. Nach ALR 48 ff II, 4 sind
nur zugelassen mit Ackerbau und Vieh-
zucht verbundene Grundstücke mit einem
Mindestreinertrage von 7500 M und Geld-
kapitalien von mindestens 30000 M. Der
Fideikommißbesitzer bewirtschaftet das
Gut im eigenen Interesse und darf es
weder verschlechtern noch veräußern; er
zieht die Erträgnisse und trägt die Kosten.
Eine Veräußerung des Gutes ist nichtig
und kann von jedem Fideikommißanwär-
ter auf Grund seines dinglichen Anwart-
schaftsrechtes durch die actio revocatoria
angefochten werden, und zwar auch von
einem Nachkommen des Veräußerers oder
eines Anwärters, der in die Veräußerung
eingewilligt und so seine eigene Anfech-
tung ausgeschlossen hat. Nach der bisher
überwiegenden Meinung ist die actio re-
vocatoria erst indem Augenblick gegeben,
Familienfideikommiß.
wo das Gut im regelmäßigen Gange der
Sukzession an den anfechtenden Anwärter
gelangt sein würde; sie dürfte in Wahr-
heit sofort nach der Veräußerung gegeben
sein, vgl Rosin.
Man hat das Fideikommißvermögen
und das übrige (Allodial-) Vermögen des
Fideikommißbesitzers, in das auch die
Früchte des ersteren nach der Trennung
fallen, zu scheiden. Die Schulden des
Fideikommißbesitzers ergreifen sein Allo-
dialvermögen und vererben sich nur auf
seine Allodialerben, ohne den Fideikom-
mißfolger als solchen zu treffen; anders
ist es aber bezügl der Fideikommißschul-
den, die vom Fideikommißbesitzer zur Er-
haltung, Wiederherstellung oder Verbes-
serung des Gutes (nach partikularrecht-
lichen Vorschriften) gültig eingegangen
sind oder durch Stiftungsbestimmung
(z. B. Ausstattungspflicht zugunsten eines
von der Fideikommißfolge ausgeschlos-
senen Familienmitgliedes) auferlegt sind.
Sie verpflichten den jeweiligen Fidei-
kommißbesitzer als solchen, also auch
den Nachmann des Kontrahenten der
Schuld und verhaften regelmäßig nur die
Erträgnisse des Fideikommißgutes (Reve-
nüenhaftung), nicht auch die Substanz.
Die Fideikommißfolge beruht in jedem
Einzelfalle unmittelbar auf der Stiftung
selbst und tritt ipso iure als Sondernach-
folge in das ein Sondervermögen bildende
Fideikommißvermögen ein, so daß das
Recht des Nachfolgers von dem des Vor-
gängers ganz unabhängig ist, auch wenn
er Abkömmling oder Allodialerbe des letz-
teren ist.
Die Folgefähigkeit richtet sich nach der
Stiftung, mangels besonderer Bestimmung
gelten die für die Lehnsfolgefähigkeit nach
langobardischem Lehnsrechte aufgestell-
ten Erfordernisse (Abstammung vom pri-
mus acquirens, männliches Geschlecht
und Zugehörigkeit zum Mannesstamm).
Subsidiär sind oftmals beim Fehlen von
Agnaten die Kognaten durch die Stiftung
berufen. Letztere ordnet fast immer Ein-
zelfolge an und berücksichtigt meist das
höhere Alter (Majorat im weiteren Sinne).
Die Fideikommißeigenschaft erlischt
beim Fehlen eines folgefähigen Anwär-
ters. Das Fideikommißvermögen fällt
dann dem Allodialvermögen des letzten
Besitzers zu. Über die Aufhebung der Fi-
deikommisse vgl prGes vom 15. Febr 1840
badAusf-B 36.