Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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zung zu, so auch das ALR 72, 73 Il, 4, 
wenn es der Familie das Obereigentum, 
dem jeweiligen Besitzer das nutzbare 
(Unter-) Eigentum gibt. 
Das Institut ist heute jedermann, auch 
Bürgerlichen, zugänglich, in Bayern und 
Baden dagegen nur den Familien des 
Adels. In Preußen ist die Begründung 
eines Familienfideikommisses vorberei- 
tende Handlung für den Erwerb des 
Adels. 
Die Errichtung erfolgt durch ein- 
oder zweiseitiges Rechtsgeschäft unter 
Lebenden oder von Todes wegen; regel- 
mäßig ist eine besondere Form notwen- 
dig, gerichtliche Verlautbarung oder Be- 
stätigung des Errichtungsaktes, in Preu- 
Ben vor dem Oberlandesgericht als 
Fideikommißbehörde (dies Gericht ist per- 
sönlicher Richter des Stifters) ; vgl. Ausf- 
Gr 17. Der preuß Justizminister ist Auf- 
sichts- und Beschwerdeinstanz. Nach 
manchen Rechten (so in Baden immer, in 
Preußen nach ALR 56 II 4 nur bei einem 
Reinertrag von über 30 000 M) ist landes- 
herrliche Genehmigung erforderlich. Nach 
reichsrechtlicher Vorschrift, Einf-B 61, be- 
darf es bei Grundstücken zur Wirksamkeit 
der Fideikommißqualität gegen gutgläu- 
bige Dritte der Eintragung in das Grund- 
buch; partikularrechtlich ist die Eintra- 
gung für die Erlangung der Fideikommiß- 
qualität selbst vorgeschrieben, badAusf- 
B 36, 2. 
Notwendig ist ein dauernd ertrags- 
fähiges Objekt, besonders Grundstücke, 
liegenschaftliche Gerechtigkeiten, Geld- 
kapitalien. Nach ALR 48 ff II, 4 sind 
nur zugelassen mit Ackerbau und Vieh- 
zucht verbundene Grundstücke mit einem 
Mindestreinertrage von 7500 M und Geld- 
kapitalien von mindestens 30000 M. Der 
Fideikommißbesitzer bewirtschaftet das 
Gut im eigenen Interesse und darf es 
weder verschlechtern noch veräußern; er 
zieht die Erträgnisse und trägt die Kosten. 
Eine Veräußerung des Gutes ist nichtig 
und kann von jedem Fideikommißanwär- 
ter auf Grund seines dinglichen Anwart- 
schaftsrechtes durch die actio revocatoria 
angefochten werden, und zwar auch von 
einem Nachkommen des Veräußerers oder 
eines Anwärters, der in die Veräußerung 
eingewilligt und so seine eigene Anfech- 
tung ausgeschlossen hat. Nach der bisher 
überwiegenden Meinung ist die actio re- 
vocatoria erst indem Augenblick gegeben, 
  
Familienfideikommiß. 
wo das Gut im regelmäßigen Gange der 
Sukzession an den anfechtenden Anwärter 
gelangt sein würde; sie dürfte in Wahr- 
heit sofort nach der Veräußerung gegeben 
sein, vgl Rosin. 
Man hat das Fideikommißvermögen 
und das übrige (Allodial-) Vermögen des 
Fideikommißbesitzers, in das auch die 
Früchte des ersteren nach der Trennung 
fallen, zu scheiden. Die Schulden des 
Fideikommißbesitzers ergreifen sein Allo- 
dialvermögen und vererben sich nur auf 
seine Allodialerben, ohne den Fideikom- 
mißfolger als solchen zu treffen; anders 
ist es aber bezügl der Fideikommißschul- 
den, die vom Fideikommißbesitzer zur Er- 
haltung, Wiederherstellung oder Verbes- 
serung des Gutes (nach partikularrecht- 
lichen Vorschriften) gültig eingegangen 
sind oder durch Stiftungsbestimmung 
(z. B. Ausstattungspflicht zugunsten eines 
von der Fideikommißfolge ausgeschlos- 
senen Familienmitgliedes) auferlegt sind. 
Sie verpflichten den jeweiligen Fidei- 
kommißbesitzer als solchen, also auch 
den Nachmann des Kontrahenten der 
Schuld und verhaften regelmäßig nur die 
Erträgnisse des Fideikommißgutes (Reve- 
nüenhaftung), nicht auch die Substanz. 
Die Fideikommißfolge beruht in jedem 
Einzelfalle unmittelbar auf der Stiftung 
selbst und tritt ipso iure als Sondernach- 
folge in das ein Sondervermögen bildende 
Fideikommißvermögen ein, so daß das 
Recht des Nachfolgers von dem des Vor- 
gängers ganz unabhängig ist, auch wenn 
er Abkömmling oder Allodialerbe des letz- 
teren ist. 
Die Folgefähigkeit richtet sich nach der 
Stiftung, mangels besonderer Bestimmung 
gelten die für die Lehnsfolgefähigkeit nach 
langobardischem Lehnsrechte aufgestell- 
ten Erfordernisse (Abstammung vom pri- 
mus acquirens, männliches Geschlecht 
und Zugehörigkeit zum Mannesstamm). 
Subsidiär sind oftmals beim Fehlen von 
Agnaten die Kognaten durch die Stiftung 
berufen. Letztere ordnet fast immer Ein- 
zelfolge an und berücksichtigt meist das 
höhere Alter (Majorat im weiteren Sinne). 
Die Fideikommißeigenschaft erlischt 
beim Fehlen eines folgefähigen Anwär- 
ters. Das Fideikommißvermögen fällt 
dann dem Allodialvermögen des letzten 
Besitzers zu. Über die Aufhebung der Fi- 
deikommisse vgl prGes vom 15. Febr 1840 
badAusf-B 36.
	        
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