Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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Abteilung 6). Seine Nov 1749 geschrie- 
bene, 1750 in der Akademie von Darget 
gelesene Dissertation sur la raison l’etablir 
ou d’abroger les lois (Oeuvres IX 11—33) 
zeigt, trotz der Schwächen in den histo- 
rischen Teilen der Darstellung, tiefe Ein- 
sicht in das Wesen der Rechtsentwicklung 
und Rechtskultur: er fordert unter Hin- 
weis auf Solons Ausspruch, daß für die 
Athener nicht die besten, sondern die für 
sie geeignetsten Gesetze zu geben waren, 
Anpassung der Gesetzgebung an die 
Staatsform und den Nationalcharakter, 
Vermeidung jeder ungestümen Gesetz- 
macherei, die das durch Gewohnheit ge- 
wordene Recht nicht berücksichtige (ohne 
allerdings den juristisch-technischen Aus- 
druck zu gebrauchen.) Darum erscheinen 
ihm Reformen der Gesetzgebung nur zur 
Erhaltung der öffentlichen Ordnung nötig, 
um Unklarheiten und Widersprüche, man- 
gelnde oder zu große Milde veralteter Ge- 
setze zu beseitigen, wobei er auf Bei- 
spiele der eigenen Gesetzgebung verwei- 
sen kann zum Beweise dafür, daß nur für 
barbarische Nationen grausame Strenge, 
für solche entwickelterer Kultur aber die 
Idee der Humanität das Gesetzgebungs- 
werk, das die rechtliche Friedensordnung 
verbürge, beherrschen müsse. — Fried- 
rich der Große hat seine Ansichten über 
Staat und Recht nicht als Jurist unter Ver- 
wendung einer gelehrten juristischen Ter- 
minologie, sondern als Philosoph mit den 
Worten eines feingebildeten Weltmannes 
vorgetragen und deshalb vielleicht die 
Entwicklung der dogmatischen Rechts- 
wissenschaft wenig gefördert, aber ihm 
ist dafür vielfach die tatkräftige Durchfüh- 
rung seiner rechts- und staatswissenschaft- 
lichen Ideen gelungen und damit die För- 
derung der Rechtsentwicklung. 
Die Literatur über Friedrichs des Großen Be- 
deutung für die Rechts- und Staatswissenschaft 
ist ziemlich umfangreich, noch zahlreicher 
sind die Ausgaben seiner Schriften, unter de- 
nen die von Preuß geleitete Ausgabe der 
Berliner Akademie der Wissenschaften die 
beste ist. Oeuvres, Berlin 46-57, XXXlI 
(dazu die von Koser herausgegebene: Po- 
litische Korrespondenz Friedrichs des Großen, 
Berlin 79 ff). — Der (in verschiedenen hand- 
schriftlichen Fassungen erhaltene) Anti- 
machiavell wurde von Voltaire zum Druck 
befördert, nicht ohne daß dieser nıit dem ersten 
Verleger van Duren im Haag dabei in Streit 
geriet, ‚ Van Duren veröffentlichte gleichzei- 
ig zwei voncinander wenig abweichende Aus- 
aben: Examen du Prince de Machiavel avec 
es notes nistoriques et critiques, Londres 
(La Haye) 1741 und La Haye 1741 (3e Edition, 
  
Friedrich Il. — Fröbel. 
La Haye 1741, II), Voltaire, als er den großen 
buchhändlerischen Erfolg des Werkes be- 
merkte, gah seinerseits eine (anscheinend von 
ihm gefälschte) Ausgabe: Anti-Machiavel, ou 
Essaı de critique sur le prince de Machiavel, 
La Haye 1741 (die Varianten der Ausgaben 
van Durens und Voltaires in der Ausgabe 
Marseille 1741); der Abdruck einer Urhand- 
schrift aus dem Potsdamer Nachlaß wurde 
von S. Friedländer besorgt: Hamburg 1834; 
eine andere handschriftliche Textrevision 
erschien zuerst in den Oeuvres VIII, Berlin 
1848. Der Essai sur les formes de gou- 
vernement et sur les devoirs des souverains 
wurde 1777 von G. F. Decker, Berlin, in 
12 Exemplaren für den König gedruckt (und 
so wiederholt), in verbesserter Umarbeitung 
erschien er zuerst in den Oeuvres posthumes. 
Die Dissertation sur les raisons d’etablir ou 
d’abroger les lois erschien zuerst in den 
Oeuvres du philosophe de Sanssouci, Au 
donjon du chäteau 1750, mit den Verbesse- 
rungen Voltaires in der Histoire de ’academie 
royale 1749, 375 ft. Bogene. 
Frigidität — natura frigida der alten 
Kanonisten, bezeichnet einen geringen 
Grad oder auch das Fehlen der Erregbar- 
keit der sog Erektionszentren im Lenden- 
mark bzw in den höher gelegenen Partien 
des Rückenmarks (Halswirbelmark) und 
damit den geringen oder bisweilen völlig 
fehlenden Geschlechtstrieb sonst ganz 
normaler Individuen. Beim Weibe scheint 
dies öfter vorzukommen als beim Manne; 
besonders häufig (nach Duncan) bei 
unfruchtbaren Frauen. Die Frigidität ist 
aber auch häufig ein Teilsymptom ande- 
rer Erkrankungen bzw Anomalien im Zen- 
tralnervensystem ; sie kommt vor u. a. bei 
angeborenem Blödsinn und Schwachsinn, 
ferner nach unmäßiger Onanie, im Alter, 
bei Eisenbahnlähmung (Railway spine), 
bei Diabetes. Cohn. 
Frist s. Befristung. 
Fröbel, Julius, * 16. Juli 1805 zu 
Griesheim, seit 1833 Professor der Mine- 
ralogie in Zürich, nahm von 1846—49 täti- 
gen Anteil als Führer der radikalen und 
demokratischen Partei an der politischen 
Bewegung in Deutschland, bereiste bis 
1857 Amerika und veröffentlichte, nach 
Europa zurückgekehrt und von 1862 bis 
1866 in Wien, von 1867—73 in München 
lebend, zahlreiche literarische Arbeiten 
zur Förderung der großdeutschen Politik. 
1873 wurde er Konsul des Deutschen 
Reichs in Smyrna und siedelte 1876 in 
gleicher Eigenschaft nach Algier über. Er 
T am 6. Nov 1893 in Zürich. 
Unter seinen zahlreichen literarischen Ar- 
beiten sind besonders hervorzuheben: Briefe 
über die Wiener Oktoberrevolution, Frankfurt
	        
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