Fürsorgeerziehung.
zieher z. B.keinen eigentlichen, rechtsgül-
tigen Lehrvertrag schließen. Man hatsich
durch Schaffung des seltsamen Gebildes
der „Dienstverschaffungsverträge‘‘ ge-
holfen (s. unten). Horion schließt aus
dem Satze der Motive 4 750: „Die Erzie-
hung ... umfaßt Recht und Pflicht, in
einer dem Interesse, den Fähigkeiten und
Anlagen sowie den sonstigen Verhält-
nissen des Kindes entsprechenden Weise
für die körperliche, geistige, im beson-
deren auch sittliche Ausbildung des Kin-
des zu sorgen, dasselbe zu einem be-
stimmten Lebensberufe fähig zu machen
und zur Erreichung dieses Zieles die
Handlungen des Kindes zu leiten; ver-
möge des Erziehungsrechtes kann der Er-
ziehungsberechtigte das Kind zu entspre-
chender Arbeit anhalten, auch den Unter-
halt des Kindes angemessen regeln,‘‘ daß
der öffentliche Erzieher auch die wei-
teren im B erwähnten Sorgebefugnisse
habe, „nämlich das Recht, das Kind zu be-
aufsichtigen, seinen Aufenthalt zu be-
stimmen und seine Herausgabe von jedem
zu verlangen, welcher es widerrechtlich
festhält‘‘. Diese Rechte sind jedoch in der
Hand des öffentlichen Erziehers etwas an-
deres als in der Hand des privaten Sorge-
berechtigten. Sie sind namentlich nicht
von letzterem auf den ersteren übergegan-
gen. Das Recht, die Herausgabe zu ver-
langen, kann der öffentliche Erzieher z. B.
nicht im Wege der Klage geltend machen.
Das kann vielmehr nur der Vormund oder
der Inhaber der elterlichen Gewalt.
Gegen den öffentlichen Erzieher können
diese nur deshalb nicht durchdringen,
weil gegen diesen der Prozeßweg unzu-
lässig ist. Der Öffentliche Erzieher aber
erzwingt die Herausgabe und die Aufent-
haltsbestimmung durch direkten Zwang.
Das ist kein auf ihn übergegangenes pri-
vates Recht, sondern eine mit dem öffentli-
chen Anspruch, über das Kind zum Zwecke
der Erziehung zu verfügen, untrennbar ver-
bundene behördliche Gewalt. Gegen jeden
aber, der seine Rechte nicht von dem
öffentlichen Erzieher ableitet, hat der
private Sorgeberechtigte nach wie vor das
bessere Recht und den Anspruch auf Her-
ausgabe. Das ist praktisch bei aus der An-
stalt entlaufenen Zöglingen, die etwa der
Vormund in der Hand Unbefugter findet.
Er kann sich ihrer sofort bemächtigen,
muß allerdings dann dem öffentlichen Er-
zieher wieder weichen, vglLandsberg
Posener Rechtslexikon I.
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Recht der ZwuFE 313ff. Aus der öffent-
lichen Erziehungsgewalt des öffentlichen
Erziehers müßte konsequent geschlossen
werden, daß die Eltern nicht durch Be-
stimmung über die Religion des Kindes
die Erziehungsarbeit stören könnten.
Dennoch kommentiert Aschrott FEG
18 Nr 4: „Soweit nach Landesrecht ein
Recht der Eitern, über die religiöse Erzie-
hung ihrer Kinder zu bestimmen, besteht,
hört dies durch die Überweisung zur FE
nicht auf, da durch die Anordnung der FE
die elterliche Gewalt an sich nicht aufge-
hoben, sondern nur in gewissen Beziehun-
gen eingeschränkt wird.“ Nach dieser
Auffassung könnte wenigstens das Vor-
mundschaftsgericht Abhilfe schaffen, in-
dem es die elterliche Gewalt entzöge.
Nach Ansicht Noelles, B 18 Nr 4, die
auf KG 10 77 fußt, hätte jedoch auch der
Vater, dem die elterliche Gewalt entzogen
ist, noch das Recht, den Konfessions-
wechsel des Zöglings dadurch zu er-
zwingen, daß er selbst sein Bekenntnis
wechselt und dies dem öffentlichen Er-
zieher anzeigt. Auch Gordan-Leh-
mann-Niese $ 18 Nr2 und 7 legt
FEG 18 so aus, daß das Recht der Eltern,
die Konfession der Zöglinge auch wäh-
rend der FE zu bestimmen gewahrt werde.
Nach Schmitz $ 18 Nr 19 ruht das re-
ligiöse Bestimmungsrecht während der
FE. Im übrigen vgl „religiöse Kinderer-
ziehung“.
Der öffentliche Erzieher in Preußen ist
der_ Kommunalverband (Landeshaupt-
mann, Landesdirektor).
Verfahren. Das Vormundschaftsgericht
entscheidet und verfährt von Amts wegen
oder auf Antrag. Zur Anregung ist jeder
befugt, zum Antrag nur der Landrat (in
Hohenzollern Oberamtmann), in Städten
über 10000 Einw auch der Gemeindevor-
stand, in Stadtkreisen Gemeindevorstand
und der kgl Polizeipräsident. Im Verfah-
ren parteifähig und beschwerdeberechtigt
sind die Antragsberechtigten, der Kom-
munalverband, der Minderjährige, wenn
über 14 Jahre alt, und sein gesetzlicher
Vertreter. Letztere beiden können nur
gegen den überweisenden, nicht den ab-
lehnenden Beschluß Beschwerde erheben.
Die Beschwerde im Fürsorgeverfahren ist
stets die befristete, „sofortige ‘‘ Be-
schwerde. Die Beschlüsse des Vormund-
schaftsgerichts sind der ‚, Rechtskraft “
fähig. Die Fragen der örtlichen Zustän-
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