Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Gebühren der Anwälte — Geburt. 
der Rechtsanwalt als Verteidiger in der 
Hauptverhandlung erster Instanz: vor 
dem Schöffengericht 12 M, vor der Straf- 
kammer 20 M, vor dem Schwurgericht 
oder dem Reichsgericht 40 M. Erstreckt 
sich die Verhandlung auf mehrere Tage, 
so erhöhen sich diese Geb, wenn es sich 
nicht um ein Privatklageverfahren handelt, 
für jeden weiteren Tag der Verteid®&ung 
um fünf Zehnteile. Findet in den auf Pri- 
vatklage verhandelten Sachen eine Be- 
weisaufnahme statt, so erhöht sich die ge- 
wöhnliche Geb um 6 M. Die erwähnten 
Geb stehen dem Rechtsanwalt auch für 
die Berufungsinstanz und die Revisions- 
instanz zu, wobei sich die Stufe nach der 
Ordnung des Gerichts bestimmt, welches 
in erster Instanz erkannt hat. 
Für die Verteidigung im Vorverfahren 
erhält der Rechtsanwalt in Schöffenge- 
richtssachen 6 M, in Strafkammersachen 
10 M und in Schwurgerichts- und Reichs- 
gerichtssachen 20 M. 
Im Falle der Verteidigung mehrerer Be- 
schuldigter durch einen gemeinschaft- 
lichen Verteidiger erhöhen sich die Geb 
um fünf Zehnteile. 
In Ansehung der Geb für Vertretung 
eines Privatklägers, eines Nebenklägers 
oder einer Verwaltungsbehörde kommen 
die Bestimmungen über die Geb für die 
Verteidigung zur entsprechenden Anwen- 
dung. 
In betreff der Berechnung von Auslagen 
wird auf die GebührenO 88 76—83 ver- 
wiesen, hinsichtlich der Einforderung von 
Geb und Auslagen auf die 8$ 84—86. 
Von den Schlußbestimmungen der Ge- 
bührenO sei noch folgendes hervorge- 
hoben: 
Für die Ausarbeitung eines Gutachtens 
mit juristischer Begründung hat der 
Rechtsanwalt angemessene Vergütung zu 
beanspruchen. Über die Höhe der Vergü- 
tung wird im Prozeßwege nach eingehol- 
tem Ciutachten des Vorstandes der An- 
waltskammer entschieden. 
Die Vorschriften der GebührenO finden 
entsprechende Anwendung im schieds- 
richterlichen Verfahren, im Verfahren we- 
gen Nichtigkeitserklärung oder Zurück- 
nahme eines Patents, im Disziplinarver- 
ren nach Maßgabe des Gesetzes betr die 
Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, im 
ehrengerichtlichen Verfahren gegen 
Rechtsanwälte und bei der Untersuchung 
von Seeunfällen. 
  
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Vertragsmäßig (schriftlich) kann eine 
andere Vergütung als die in der Gebüh- 
renO festgelegte zwischen Auftraggeber 
und Rechtsanwalt bestimmt werden. Den 
erstattungspflichtigen Gegner trifft eine 
derartige Abmachung aber nicht. 
Soweit die Vergütungen für die Berufs- 
tätigkeit der Rechtsanwälte nicht reichsge- 
setzlich geregelt sind, greifen wie oben er- 
wähnt die landesrechtlichen Bestimmun- 
gen Platz, hinsichtlich deren auf die in Be- 
tracht kommenden Gesetze der einzelnen 
Bundesstaaten verwiesen wird (vgl hier- 
über insbes Willenbücher Das Ko- 
stenfestsetzungsverfahren usw). 
Pfafteroth (mit Landesgebührengesetzen), 00; Wal- 
ter-Joachim (GebO etc), %4. Knetsch. 
Geburt ist die Ausstoßung der reifen 
Frucht und ihrer Hüllen aus dem Mutter- 
leib vermittelst der Zusammenziehungen 
der Gebärmutter und der Bauchmuskula- 
tur. Diese tritt als Hilfstruppe sozusagen 
erst dann in Aktion, wenn durch jene die 
Gebärmutter so weit geöffnet ist, daß der 
vorliegende Kindesteil in die Scheide hin- 
durchtreten kann. Gewöhnlich erfolgt 
hierbei der Sprung der Fruchthülle, der 
sog Blase, unter reichlichem Wasserab- 
gang. Der erste Teil der Geburt ist da- 
mit beendet. Der zweite umfaßt die Aus- 
treibung des Kindes durch die Scheide, 
der letzte endet mit der Ausstoßung der 
Nachgeburt. 
Die Dauer der Geburt beträgt bei Erst- 
gebärenden ungefähr 20, bei Mehrgebä- 
renden etwa 12 Stunden. In den meisten 
Fällen liegt das Kind mit dem Kopf voran, 
seltener mit dem Steiß, wenngleich auch 
diese Stellung noch als normale bezeich- 
net werden muß. -Unmöglich dagegen ist 
die Geburt ohne Hilfe bei sog Querlage 
des Kindes; die Erkennung ist in den 
meisten Fällen leicht, die Art der Hilfe- 
leistung besteht in der Wendung des kind- 
lichen Körpers. Sehr wichtig für den nor- 
malen Verlauf der Geburt sind die Maß- 
verhältnisse des knöchernen Beckens. 
Sind sie besonders ungünstig, dann 
erfordern sie schwere operative Ein- 
griffe. 
Es ist heute wohl kaum noch zweifel- 
haft, daß bei der Erwägung, ob die 
Mutter oder das Kind in gewissen Fällen 
gerettet werden soll, das mütterliche Le- 
ben höher zu bewerten ist, wenn nicht 
die Gebärende ausdrücklich das Kind am 
Leben zu erhalten wünscht. 
Siehe Berufsrecht der Ärzte, Personenstand. 
37° 
Sachs.
	        
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