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Elsaß-Lothringen und das magyarısche Volk würde nicht die
Anerkennung des magyarischen Charakters Ungarns als eines
staatsrechtlichen mit der schweren Strenge des Ge-
setzes fordern können, das in Zukunft jeden Angriff auf
das Vorrecht der magyarischen Nation mit dem politischen Tode
des Hochverräters ahnden soll.
VI. Es ist aber außerdem nicht richtig und wird durch die
angeführten ungarischen Gesetze widerlegt, daß die Zentralisation
von dem ungarischen Reichstag konsequent und dauernd als ge-
setzzwidrig abgelehnt worden se. Nach Apponyi sollen
allerdings jene Gesetze, in denen die Zentralbehörden anerkannt
werden, mir unbeschadet der im GA. X: 1799 festgelegten Formel
vom: Regnum liberum et relate ad totam legalem Regiminis for-
mam (huc intelleetis quibusvis dicasterlis suis) independens, id est
nulli alteri Regno aut Populo obnoxium — ausgelegt werden. Allein
einerseits gehen die die Anerkennung der Zentralisation in sich
schließenden Gesetze der Unabhängigkeitsformel zeitlich voran,
andererseits wird der vom Rechtsbestand der Staatskanzlei und
des Staatsministeriums ausgehende Gesetzesbeschluß zugleich
mit jenem über die Unabhängigkeitsformel gefaßt. Wenn nun
ineinem und demselben Gesetze die Aemterfähigkeit
der Ungarn im Hinblick auf zwei für sämtliche Länder be-
stellte und als Staats behörden erklärte Behörden gefordert und
anerkannt und zugleich Ungarn im Verstande aller seiner Be-
hörden als unabhängiges Land erklärt wird, so kann man zu keinem
anderen Auslegungsergebnis gelangen, als daß die propria con-
sistentia et constitutio, was die Behördenorganisation betrifft,
eben nur so weit reicht, als Ungarn wirklich nur ihm eigene
oder wie das Gesetz sagt seine Behörden besitzt und daß der
Fortbestand der Zentralbehörden von der Unabhängigkeitsformel
gebenden magyarischen Kreisen herrschende Anschauung wieder. Und doch
hat gerade der blendende Erfolg Ungarns die föderalistischen Bestrebungen
der österreichischen Nationen mächtig angefacht.