Allgemeiner Teil des B — Allgemeines Landrecht. 55
Allgemeiner Teil des B ist die Ge-
samtheit der in B 1 bis 240 niedergelegten
Normen. Der A ist den vier anderen
Büchern des B (s. d.) übergeordnet, denn
er enthält die allgemeinen Rechtsregeln,
die in den vielen Fällen, wie die besonde-
ren Materien sie erscheinen lassen, an-
wendbar sind. Der A zerfällt in sieben
Abschnitte: 1. Personen B 1—89; —
2. Sachen B 90—103; — 3. Rechts-
geschäfte B 104-185; — 4. Fristen, Ter-
mine, B 186-193; — 5. Verjährung
B 194—225; — 6. Ausübung der Rechte,
Selbstverteidigung, Selbsthilfe, B 226 bis
231, — 7. Sicherheitsleistung, B 232—240.
Stichworte: Adelsprädikate, Alter, Anspruch, Auflage,
Ausübung der Rechte, ingung, Befristung, Bestandteil,
Beweislast, Drohung, Ehre, Einrede, Einwendung, Feier-
tage, Form der Rechtsgeschäfte, Früchte, Geschäftsfähigkeit,
Geschlecht, Irrtum, Juristische Person, Maschinen wesent-
liche Bestandteile? Name, Namensänderung, Natürliche
Person, Nichtrechtsfähige Vereine, Notwehr, Notstand,
Ortsgebrauch, Personenstand, Recht am menschlichen
Körper, Rechtsgeschäft, Religion, Sache, Selbsthilfe, Sicher-
heitsleistung, Stand, Stellvertretung, Stiftung, Täuschung,
Todeserklärung, Treu und Glauben, YVereig rechtefähiger,
Verjährung, Verkehrssitte, Vertrag, Voraussetzung, Wa
pen, Willenserklärung, Wohnsitz, Zubehör, Zustimmung.
Allgemeines Landrecht für die preu-
Bischen Staaten. Das Privatrecht war in
Deutschland ursprünglich fast ganz unge-
schriebenes Volksrecht. Allmählich bilde-
ten sich Provinzialrechte, Stadtrechte, lo-
kale Gewohnheiten auf Grundlage des
sächsischen und lübischen Rechts und Ge-
richtsusancen. In einigen Gebieten galt
subsidiär das gemeine Sachsenrecht, das
sich wesentlich auf Grund des Ssp ent-
wickelt hatte. Mit dem 16. Jahrhundert
wurde überall das römische Recht als ge-
meines Recht aufgenommen. In der Mark
Brandenburg verfügte die Kammer-
gerichtsordnung von 1516 die Rezeption
des römischen Rechts, und die constitutio
Joachimica von 1527, welche die Intestat-
erbfolge in der Mark auf Grund gemein-
rechtlicher Grundsätze ordnete, schärfte
wiederholt ein, daß vor dem kurfürst-
lichen Kammergericht in allen Sachen
nach gemcinem Recht geurteilt werde.
Erst allmählich sah man ein, daß das ge-
meine Recht das einheimische Partikular-
recht nicht ganz ersetzen konnte. Es kam
zu Versuchen, das heimische Recht der
Mark aufzuzeichnen: Entwurf Diestel-
meyer um 1573 und 1594 und Landrecht
des Herzogtums Preußen 1620, revidiert
1685 und 1721. Dazu kamen zahlreiche
Edikte der Landesherren. Seit Ende des
17. Jahrhunderts erhoben sich Klagen der
naturrechtlichen Schule darüber, daß die
Rechtssätze in verschiedenen Quellen zer-
streut seien, viele Streitfragen Rechtsun-
sicherheit erzeugten und die fremde
Sprache des römischen Rechts den Laien
die Gesetzeskenntnis unmöglich mache.
Friedrich Wilhelm I. begann mit Erlaß
der Hypotheken- und Konkursordnung
von 1722 und des Wechselrechts von
1722. Nachdem er in einem Edikt vom
2. Juni 1723 die Abfassung von Ent-
scheidungen der wichtigeren Streitfragen
angekündigt hatte, stellte er in dem Re-
skript vom 26. Februar 1733 die Abfas-
sung eines allgemeinen Gesetzbuchs in
deutscher Sprache in Aussicht. Beides
kam nicht zur Ausführung. Erst unter
Friedrich dem Großen erhielt der GroßB-
kanzler v. Cocceji durch Verordnung vom
31. Dezember 1746 den Auftrag, „ein teut-
sches allgemeines Landrecht, welches sich
blos auf die Vernunft und Landesverfas-
sung gründet‘, auszuarbeiten. Schon 1749
und 1751 erschienen die 2 ersten Teile des
„Projekts des Corpus juris Fridericiani‘
über Personen- und Sachenrecht, die nur
in einzelnen Provinzen Geltung erhielten.
Das Werk wurde nicht weitergeführt, da
Cocceji 1755 starb. Durch Kabinetts-
order vom 14. April 1780 beauftragte der
König den Großkanzler v. Carmer, ein
neues genaues und vollständiges Ge-
setzbuch in deutscher Sprache unter
Berücksichtigung des römischen Rechts
ausarbeiten zu lassen. Carmer setzte
eine Kommission ein, in der vor
allem Suarez hervortrat. 1784 bis
1788 erschien der Entwurf eines all-
gemeinen Gesetzbuches für die preu-
Bischen Staaten im Druck mit der Auffor-
derung, Urteile darüber zu äußern. Nach-
dem solche in großer Zahl eingegangen
waren, arbeitete Suarez den Entwurf noch-
mals um (revisio monitorum). Durch Pa-
tent vom 20. März 1791 erst nach dem
Tode Friedrichs des Großen wurde das
Werk unter dem Titel „Allgemeines Ge-
setzbuch für die Preußischen Staaten‘ mit
der Bestimmung, daß es vom 1. Juni 1792
ab Oesetzeskraft haben sollte, publiziert.
Plötzlich aber, unter dem Eindrucke der
großen französischen Revolution, die zu
besonderer Vorsicht mahnte, wurde auf
Bericht des Justizministers von Dankel-
mann die Einführung des Gesetzbuches
durch Kabinettsorder vom 18. April
1792 suspendiert und durch Kabinetts-
order vom 12. November 1793 die Um-
arbeitung aller das Staatsrecht und die Re-