Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Genealogische Tafeln — Generalakten. 
tabellarischen oder schematischen For- 
men der Ahnentafeln kommen im allge- 
meinen nur zwei in Betracht, indem es bei 
beiden Formen die Regel ist, denjenigen, 
dessen Ahnentafel aufgestellt wird, unten 
hin, die Namen seiner Eltern darüber, in 
die nächsthöhere Reihe die vier Groß- 
eltern, in die darauffolgende die acht Ur- 
großeltern zu schreiben und so fort: ent- 
weder es werden 2, 4, 8, 16 usw Rechtecke 
in Reihen neben- bzw übereinander ge- 
zeichnet und in diese die entsprechenden 
Personennamen mit den zugehörigen Da- 
ten eingeschrieben, oder es werden ledig- 
lich die Personennamen in der entspre- 
chenden Reihenfolge nebeneinander hin- 
geschrieben. In beiden Fällen verbindet 
man die zusammengehörigen Elternpaare 
durch darunter stehende, nach oben offene 
( ) und setzt das Kind aus dieser Ehe 
unter die Spitze der Klammer. Bei 
Ahnentafeln, die die Wappen mit berück- 
sichtigen (heraldische Ahnenproben), wer- 
den entweder über jeden einzelnen Na- 
men (jedes einzelne Rechteck) die ent- 
sprechenden Wappen gezeichnet, oder man 
beschränkt sich darauf, nur in der ober- 
sten Reihe über jeden einzelnen Ahnen 
das dazugehörige Wappen zu zeichnen. 
Letzteres Verfahren genügt naturgemäß 
dann nicht, wenn in einer Geschlechts- 
folge zwischen der obersten Ahnenreihe 
und demjenigen, dessen Ahnentafel auf- 
gestellt wird, an einer oder mehreren 
Stellen eine Wappenänderung oder -ver- 
mehrung stattgefunden hat. Diejenige 
Person, deren Ahnentafel aufgestellt wird, 
nennt man in der Sprache der Genealogie: 
Probans, Probant, Probantin, Probandus, 
Probanda. In der älteren genealogisch- 
heraldischen Literatur findet sich für „Ah- 
nentafel‘ gelegentlich auch der Ausdruck: 
„Ahnenbaum“ (im Gegensatz zu „Stamm- 
tafel“ und „Stammbaum‘“). 
Die höchstzahligen und am weitesten 
zurückgehenden Ahnentafeln, die je im 
Rechtsleben vorgekommen sein dürften, 
sind solche zu 128 (zweimal 64 je des 
Vaters und je der Mutter) Ahnen. Zu 
genealogisch-statistischen Zwecken sind 
in der Neuzeit Ahnentafeln zu 1024 und 
2048 Ahnen aufgestellt worden. Für den 
Rechtsgelehrten sind Ahnentafeln überall 
da wichtig, wo „Ahnenadel‘ gefordert 
wird. Sie können für ihn auch wichtig 
werden im Strafrecht zur Beurteilung an- 
geblicher erblicher Belastung, zu der 
Posener Bechtslexikon I. 
  
  
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Stammtafeln, die die Psychiater meist zu- 
grunde legen, naturgemäß nicht ausrei- 
chen, da eine erbliche Belastung ebenso- 
gut von der weiblichen Seite herkommen 
kann. Außerdem können sie als Beweis- 
mittel für eine einzelne Abstammungstat- 
sache in Betracht kommen. 
5. Vorfahrenreihen. Sie verzeichnen le- 
diglich eine aufeinanderfolgende Reihe 
von Vorelternpaaren, wobei immer der 
eine Teil des zeitlich späteren Paares von 
dem zeitlich früheren Paare abstammt. Sie 
stehen zu den Ahnentafeln also in dem 
gleichen Verhältnis wie die Regenten- 
tafeln zu den Stammtafeln, sind daher eine 
Nebenform und als „Ahnentafelauszüge“‘ 
zu bezeichnen. Für den Rechtsgelehrten 
kommen sie nur in der Form von Reihen 
von Vorvätern mit ihren Ehefrauen in 
Betracht und dienen in dieser für den 
Nachweis des Rechtes auf ererbten Adel. 
6. Endlich sind in der allerneuesten Zeit 
von dem Augenarzt Dr Czellitzer in Ber- 
lin für das Studium der Fragen aus dem 
Gebiete der Lehre von der erblichen Be- 
lastung oder Vererbungslehre „Sipp- 
schaftstafeln‘“‘ angegeben worden. 
sind Ahnentafeln zu acht Ahnen, die aber 
außerdem von den beiden Eltern und den 
vier Großeltern desjenigen, dessen Sipp- 
schaftstafel aufgestellt ist, auch noch alle 
Geschwister und deren Nachkommen ver- 
zeichnen. Sie sind als ein Fortschritt auf 
dem Gebiete genealogischer Betrachtung 
der Vererbungsprobleme zu bezeichnen 
und können daher für den Kriminalisten 
von Bedeutung sein. 
Die Glaubwürdigkeit der Ahnenproben 
aus älterer Zeit ist unter „Niederer Adel“ 
schon erörtert. Hinsichtlich der anderen 
Gattungen von genealogischen Tafeln ist 
in bezug auf die Glaubwürdigkeit älterer 
handschriftlicher oder gedruckter Auf- 
zeichnungen die größte Vorsicht zu emp- 
fehlen. Nur den von zuständigen Be- 
hörden beglaubigten Stammtafeln usw 
ist Vertrauen zu schenken. Über die Be- 
fugnis der Zivilgerichte, die Vorlegung 
von Stammbäumen seitens der Parteien 
anzuordnen, s. Z 142. 
Siehe die unter Genealogie angeführte Literatur. Außer- 
dem: Lütgendorff-Leinburg Familiengeschichte, 
Stammbaum und Ahnenprobe, Frankfurt a.M. 90; Hey- 
denreich Familiengerchichtliche Quellenkunde, Leipzig 
09, 287 ff. Kekule von Stradonitz. 
Genehmigung s. Zustimmung. 
Generalakten nennt man die bei einer 
Behörde geführten Akten (s. d.) über all- 
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