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barkeit reicht so weit wie ihre Kom-
mandogewalt, also bis an die Grenzen
ihres Befehlsbereichs und erstreckt sich
auf die zu diesem Befehlsbereich ge-
hörenden Personen, MC 12, 13, 25.
Sind sie an der Ausübung behindert,
so gehen die Befugnisse entweder von
selbst (z. B. im Falle der Erkrankung, der
Beurlaubung, der Abwesenheit außerhalb
des Befehlsbereichs MC 23) oder durch
ausdrückliche Übertragung (für den Fall,
daß eine Ausschließung kraft Gesetzes
stattfindet, oder für den Fall der Befan-
genheit, MC 135) auf den Stellvertreter
im Kommando über. Die Gh werden ein-
geteilt in die der höheren und die der nie-
deren Gerichtsbarkeit; diesen stehen Ge-
richtsoffiziere zur Seite, jenen sind richter-
liche Militärjustizbeamte (Kriegsgerichts-
räte, Oberkriegsgerichtsräte) zugeordnet,
MC 13. Im einzelnen werden als Gh der
niederen Gerichtsbarkeit genannt im
Heere die Kommandeure von Regimen-
tern, selbständigen Bataillonen, Land-
wehrbezirken, in der Marine die Komman-
deure von Matrosen- oder Werftdivisio-
nen, von selbständigen Bataillonen oder
Abteilungen, als solche der höheren Ge-
richtsbarkeit im Heere der kommandie-
rende General, der Divisionskommandeur,
der Gouverneur von Berlin, der Gouver-
neur oder Kommandant einer großen
Festung (d. h. einer solchen, deren Kom-
mandant mindestens das Gehalt eines Bri-
gadekommandeurs bezieht), der Gouver-
neur, Kommandant oder sonstige Befehls-
haber eines in Kriegszustand (Belage-
rungszustand) erklärten Ortes oder .Dis-
trikts (dieser hat die Gerichtsbarkeit über
alle zur Besatzung gehörenden Militär-
personen, MC 27), in der Marine der
Chef einer heimischen Marinestation,
MC 20. In Festungen, die mehrere Kom-
mandanten haben, steht die höhere Ge-
richtsbarkeit dem ersten Kommandanten
(Gouverneur), die niedere dem zweiten zu,
MC 22. Der Gouverneur und der Kom-
mandant von Berlin, sowie die Gouver-
neure und Kommandanten von Festungen
haben die Gerichtsbarkeit über alle unter
Militärstrafgerichtsbarkeit stehenden Per-
sonen — ganz gleichgültig, welchem Be-
fehlsbereiche diese an sich unterworfen
sind —, die 1. eine strafbare Handlung
gegen die allgemeine Sicherheit, Ruhe und
Ordnung des Ortes, 2. eine Zuwiderhand-
lung gegen eine besondere in Beziehung
Gerichtsherr.
auf die Festungswerke und Verteidigungs-
mittel bestehende Anordnung, 3. eine
strafbare Handlung im Garnisondienste
begehen, MC 26. Außerdem kann, soweit
besondere Verhältnisse es erfordern, die
Gerichtsbarkeit der vorbezeichneten Be-
fehlshaber auf bestimmte Truppenteile
oder Militärverbände im Verordnungs-
wege eingeschränkt oder ausgedehnt, so-
wie auch anderen Befehlshabern Gerichts-
barkeit verliehen werden, MC 37. Solche
VO vgl für Preußen in AVBI 00 3, 473,
520; 02 75; 03 48, 284; für die Marine
in MVBi 00 189; 01 149, 184; 03 422,
456; 04 299; für Bayern in MVOBI 00
222 ff, Sachsen in MVOBI 0016; Württem-
berg in MVOBI 00 Anl S 6, 7. Hinsichtlich
der Generale, die nicht unter dem Befehl
eines Divisionskommandeurs oder eines
anderen dem kommandierenden General
unterstellten Gh stehen, bestimmt der zu-
ständige Kontingentsherr, im Felde der
Kaiser, diejenigen Befehlshaber, welche
die Befugnisse des Gh in erster oder höhe-
rer Instanz auszuüben haben. Hinsichtlich
der Admirale sowie der Generale der
Marine erfolgt diese Bestimmung in den
entsprechenden Fällen stets durch den
Kaiser, MC 21. Der kommandierende Ge-
neral (bzw die ihm gleichstehenden Be-
fehlshaber) übt in Friedenszeiten — ab-
gesehen von dem Fall, daß er durch den
Kontingentsherrn in der Strafsache eines
Generals zum Gh berufen wird — die Ge-
richtsbarkeit nur in der Rechtsbe-
schwerde- oder Berufungsinstanz aus,
MC 31.
Was das Verhältnis des höheren Gh zu
dem seinem Befehlsbereich angehörenden,
ihm insofern also untergebenen Gh an-
langt, so sind Befehlsgewalt und Gerichts-
herrlichkeit keineswegs ineinander ver-
schmolzen, vielmehr ist jeder Gh, wie dies
die Rechtspflege verlangt, durchaus selb-
ständig. Das erkennt das Gesetz aus-
drücklich an, indem es die Befugnisse des
höheren Gh gegenüber dem ihm unterge-
benen besonders normiert. Sie bestehen
darin, daß er den untergebenen Gh an-
weisen kann, eine Untersuchung einzu-
leiten oder fortzusetzen, sowie ein Rechts-
mittel einzulegen oder zurückzunehmen,
MC 24. Streitig ist, ob die Weisung zur
Fortsetzung der Untersuchung auch die
zur Verfügung der Anklage mit begreifen
kann, RMG 10 232; Elsner v. Gro-
now Recht 10 1251; 11 238; Becker