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8. Für Klagen aus den auf Messen und
Märkten, mit Ausnahme der Jahr- und
der Wochenmärkte, geschlossenen Han-
delsgeschäften (Meß- und Marktsachen)
ist das Gericht des Meß- oder Marktortes
zuständig, wenn die Erhebung der Klage
erfolgt, während der Beklagte oder ein zur
Prozeßführung berechtigter Vertreter des-
selben am Orte oder im Bezirke des Ge-
richtes sich aufhält (G für Meß- und
Marktsachen, forum nundinarum).
9. Für Klagen, welche aus einer Ver-
mögensverwaltung von dem Geschäfts-
herrn gegen den Verwalter oder von dem
Verwalter gegen den Geschäftsherrn er-
hoben worden, ist das Gericht des Ortes
zuständig, wo die Verwaltung geführt ist
(forum gestae administrationis).
10. Für Klagen aus unerlaubten Hand-
lungen ist das Gericht zuständig, in dessen
Bezirke die Handlung begangen ist (fo-
rum delicti oommissi).
IV. Auf Grund des Zusammenhanges
bestehen folgende G: 1. Bei dem Ge-
richte der Klage kann eine Wider-
klage erhoben werden, wenn der Gegen-
anspruch mit dem in der Klage geltend-
gemachten Anspruche oder mit den gegen
denselben vorgebrachten Verteidigungs-
mitteln in Zusammenhang steht (forum re-
conventionis); diese Bestimmung findet
keine Anwendung, wenn die Zuständig-
keit des Gerichtes für eine Klage wegen
des Gegenanspruches auch durch Verein-
barung nicht würde begründet werden
können, z. B. wenn ein ausschließlicher
Gerichtsstand für die Widerklage be-
steht. — 2. Für Klagen der Prozeßbevoll-
mächtigten, der Beistände, der Zustel-
lungsbevollmächtigten und der Gerichts-
vollzieher wegen Gebühren und Auslagen
ist das Gericht des Hauptprozesses zu-
ständig.
V. Die Bestimmung des zuständigen
Gerichtes (forum destinationis) erfolgt
durch das im Instanzenzuge zunächst
höhere Gericht in folgenden Fällen.
1. wenn das zuständige Gericht, z. B. ein
mit nur einem Amtsrichter besetztes
Amtsgericht, im Einzelfalle an der Aus-
übung des Richteramtes rechtlich oder
tatsächlich behindert ist; 2. wenn
die Zuständigkeit wegen der Grenzen
verschiedener Gerichtsbezirke ungewiß
ist; — 3. wenn mehrere Streitgenossen
im allgemeinen G verklagt werden sollen,
dieser aber für sie bei verschiedenen Ge-
Gerichtsstand (Zivilprozeß) — Gerichtsstand (Strafprozeß).
richten besteht, ohne daß ein gemein-
schaftlicher besonderer G begründet ist;
für den Wechselprozeß besteht aber hier
die Ausnahme, daß man alle Wechselver-
pflichteten zusammen in einem Forum
verklagt, welches für einen von ihnen zu-
ständig ist; — 4. beim dinglichen G, wenn
die Sache in verschiedenen Gerichtsbzzir-
ken liegt; — 5. wenn in einem Prozesse
mehrere Gerichte rechtskräftig sich für
zuständig oder für unzuständig erklärt
haben. P.
Gerichtsstand (Strafprozeßrecht) ist
bei demjenigen Gerichte begründet, in
dessen Bezirk die strafbare Handlung be-
gangen ist (forum delicti commissi). Wird
der Tatbestand der strafbaren Handlung
durch den Inhalt einer im Inlande er-
schienenen Druckschrift begründet, so ist
als forum delicti commissi nur dasjenige
Gericht anzusehen, in dessen Bezirk die
Druckschrift erschienen ist, jedoch ist in
den Fällen der Beleidigung, sofern die
Verfolgung im Wege der Privatklage
stattfindet, auch das Gericht, in dessen
Bezirk die Druckschrift verbreitet worden
ist, zuständig, wenn in diesem Bezirke die
beleidigte Person ihren Wohnsitz oder ge-
wöhnlichen Aufenthalt hat.
Der G ist auch bei demjenigen Gerichte
begründet, in dessen Bezirk der Ange-
schukdigte zur Zeit der Erhebung der
Klage seinen Wohnsitz hat (forum domi-
cilii); hat der Angeschuldigte einen
Wohnsitz im Deutschen Reiche nicht, so
wird der G auch durch den gewöhnlichen
Aufenthaltsort und, wenn ein solcher
nicht bekannt ist, durch den letzten Wohn-
sitz bestimmt. Wenn die strafbare
Handlung im Auslande begangen und ein
forum domicilii nicht begründet ist, so ist
dasjenige Gericht zuständig, in dessen Be-
zirk die Ergreifung erfolgt (forum de-
prehensionis). — Hat eine Ergreifung
nicht stattgefunden, so wird das zustän-
dige Gericht vom Reichsgericht bestimmt
(forum destinationis).
Unter mehreren zuständigen Gerichten
gebührt demjenigen der Vorzug, welches
die Untersuchung zuerst eröffnet hat; es
entscheidet also Prävention; jedoch kann
die Untersuchung und Entscheidung
einem anderen der zuständigen Gerichte
durch das gemeinschaftliche obere Ge-
richt übertragen werden.
Für zusammenhängende Strafsachen,
welche einzeln zur Zuständigkeit verschie-